Kiel ist im Aufruhr! Die geplante Justizreform in Schleswig-Holstein sorgt für massive Proteste vonseiten der SPD. Die Fraktionschefs der Sozialdemokraten aus Land- und Kreistagen sowie den Ratsversammlungen der vier kreisfreien Städte warnen eindringlich vor den weitreichenden Folgen dieser Reform. „Diese Reform würde die Funktionsfähigkeit der Gerichtsbarkeit infrage stellen. Das hat mit Bürgernähe in einem Flächenland nichts mehr zu tun“, erklärte Serpil Midyatli, die Landtagsfraktionschefin, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (Süddeutsche Zeitung).
Die SPD fordert Ministerpräsident Daniel Günther auf, die Pläne von Justizministerin Kerstin von der Decken (CDU) umgehend zu stoppen. Midyatli bezeichnete die Art und Weise, wie die Reform kommuniziert wurde, als „Frechheit“. Per E-Mail wurden die betroffenen 300 Mitarbeiter und deren Familien über die drastischen Änderungen informiert. „So geht man nicht mit Menschen um“, so die Oppositionsführerin weiter. Auch die mehr als 1.500 ehrenamtlichen Richterinnen und Richter sind von den Reformplänen betroffen.
Steigende Kosten und unzureichende Begründungen
Die SPD kritisiert die Koalition scharf: Die finanziellen Berechnungen der Ministerin seien unvollständig und fehlerhaft. Midyatli warf der Regierung vor, dass die Reform nicht nur die Erreichbarkeit der Gerichte gefährde, sondern auch zu steigenden Kosten für die Bürger führen würde. „Die Kosten der Gerichte pro Bürger liegen bei unter 100 Euro jährlich. Dafür gewährleisten sie Rechtssicherheit, ein hohes Gut“, betonte sie.
Bei einem Treffen am Mittwoch beschlossen die SPD-Fraktionschefs eine gemeinsame Erklärung, in der sie eine landesweite Zusammenlegung der Sozial- und Arbeitsgerichte sowie die Verlagerung des Finanzgerichts ablehnen. Die Ankündigungen zur Reform der Amtsgerichte im nächsten Jahr werden ebenfalls mit Besorgnis betrachtet. „Nicht nur die Kosten sind zu bewerten, sondern auch die Erreichbarkeit der Infrastruktur für Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen, Vereine und Institutionen“, heißt es in der Erklärung.
Die Pläne der Justizministerin
Die Reform sieht vor, die vier Sozialgerichte in Itzehoe, Kiel, Lübeck und Schleswig sowie die fünf Arbeitsgerichte in Elmshorn, Flensburg, Kiel, Lübeck und Neumünster an einem Fachzentrum zu konzentrieren. Nach dem Vorbild der Verwaltungsgerichtsbarkeit soll es je ein Arbeits- und ein Sozialgericht erster Instanz geben, sowie jeweils eine zweite Instanz. Zudem wird diskutiert, die Anzahl der Amtsgerichte auf jeweils eines in den 15 Kreisen und kreisfreien Städten zu reduzieren – aktuell gibt es 22.
Justizministerin von der Decken rechtfertigt die Reform mit der angespannten Haushaltslage. Sie versichert, dass kein Personal abgebaut werde und dass die Bürger mittlerweile digitalen Zugang zu Gerichten hätten. „Außerdem könne es Gerichtstage vor Ort geben“, fügte sie hinzu. Doch die SPD bleibt skeptisch und fordert eine umfassende Überprüfung der Pläne, da sie die Bürgernähe und die Funktionsfähigkeit der Justiz gefährdet sieht, wie auch Süddeutsche Zeitung berichtete.