In Brandenburg an der Havel stehen die Zeichen auf Sturm: Der traditionsreiche Autozulieferer ZF plant, in den kommenden drei Jahren rund 700 Arbeitsplätze abzubauen. Oberbürgermeister Steffen Scheller beschreibt diesen Schritt als „schweren Schlag“ für die betroffenen Standorte und die gesamte Region. Die Stadt hat in der Vergangenheit versäumt, die Voraussetzungen für alternative Industrieansiedlungen zu schaffen, was sich nun rächen könnte. Hohe Gewerbesteuersätze und eine marode Infrastruktur machen es schwierig, neue Unternehmen zu gewinnen. Laut einem Bericht von Meetingpoint Brandenburg sind die Planungen für ein neues Industriegebiet in Autobahnnähe ins Stocken geraten.
Die Situation ist angespannt, und die Sorgen der Mitarbeiter sind greifbar. Bei einem Treffen am 26. August 2024, zu dem auch Wirtschaftsminister Jörg Steinbach eingeladen war, wurde deutlich, dass die Stadt und die ZF-Geschäftsführung alles daran setzen wollen, den Standort zu unterstützen. „Neue Getriebe-Aufträge werden sich schwer finden lassen“, so Scheller, doch es gibt Hoffnung auf neue Unternehmen, die die Hallen und Flächen von ZF nutzen könnten. Dies könnte möglicherweise neue Arbeitsplätze schaffen.
Die Herausforderungen der Deindustrialisierung
Die Herausforderungen sind jedoch enorm. Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der BSW-Fraktion im Landtag, Andreas Kutsche, warnt vor einer fortschreitenden Deindustrialisierung. Er kritisiert, dass die Beschäftigten für die Fehler eines Missmanagements und einer „grottenschlechten Politik“ leiden müssen. Das drohende EU-Verbrennerverbot wirft einen langen Schatten auf die gesamte Autoindustrie und deren Zulieferer. „Die Angst geht um unter den Beschäftigten“, betont Kutsche. Er fordert eine Verschiebung oder gar Aufhebung des Verbrennerverbots, um der Industrie Zeit zu geben, sich besser auf die neuen Gegebenheiten vorzubereiten.
Die Stadtverwaltung und die Landesregierung haben ihre Unterstützung zugesichert. Scheller appelliert an die Mitarbeiter, die Hoffnung nicht zu verlieren und weiterhin zuverlässig zu arbeiten. Die technische Entwicklung in der Automobilbranche ist rasant, und es könnten sich schnell neue Chancen ergeben. Der Austausch zwischen Stadt und ZF wird in den kommenden Monaten intensiviert, um potenzielle Kontakte zu knüpfen und neue Geschäftsfelder zu erschließen, sei es im Bereich der Elektroautos oder außerhalb der Automobilindustrie.
Die Zukunft der Arbeitsplätze in Brandenburg
Die Frage bleibt: Wie lassen sich 700 Arbeitsplätze kompensieren? Die Stadt steht vor der Herausforderung, die Weichen für eine positive wirtschaftliche Entwicklung zu stellen. Es braucht dringend neue Impulse und eine strategische Neuausrichtung, um die Region als attraktiven Standort für Unternehmen zu positionieren. Die Zeit drängt, und die Sorgen der Beschäftigten sind berechtigt. Die Politik ist gefordert, Lösungen zu finden, die sowohl den Bedürfnissen der Industrie als auch den Interessen der Arbeitnehmer gerecht werden.
Insgesamt ist die Lage in Brandenburg an der Havel ein Spiegelbild der Herausforderungen, vor denen viele Industriestandorte in Deutschland stehen. Die kommenden Monate werden entscheidend sein, um die Weichen für die Zukunft zu stellen und die Arbeitsplätze zu sichern. Die Unterstützung von Stadt und Land ist dabei unerlässlich, um neue Perspektiven zu schaffen und die betroffenen Mitarbeiter nicht im Stich zu lassen.