In Deutschland fühlt sich jeder sechste Mensch einsam, und die Digitalisierung trägt maßgeblich zu dieser Entwicklung bei. Laut einer aktuellen Studie lebten im Jahr 1950 nur etwa 6% der Deutschen allein, während dieser Anteil bis 2022 auf über 20% angestiegen ist. Besonders in Großstädten und bei älteren Menschen ist die Einsamkeit ausgeprägter. Die Anonymität in urbanen Lebensräumen verstärkt dieses Gefühl. Die Plattform SR berichtet, dass soziale Medien und Nachbarschaftsapps eine Möglichkeit bieten, neue Kontakte zu knüpfen und bestehende Beziehungen zu pflegen. Die Nutzung solcher Apps, wie beispielsweise Nebenan.de, gewinnt zunehmend an Bedeutung.
Nebenan.de ist das größte Nachbarschaftsnetzwerk in Deutschland und hat das Ziel, Menschen digital und im realen Leben zu verbinden. Besonders in Städten wie Berlin, München, Frankfurt und Köln ist die Nutzung der Plattform hoch. Auch im Saarland, wo zahlreiche Menschen registriert sind, wächst die Nutzerzahl. Stefan Fröhlich, ein Anwohner aus Saarbrücken, nutzt die Plattform aktiv, um Werkzeuge und Gegenstände auszuliehen oder zu verschenken.
Regionale Unterschiede in der Nutzung
Die Verbreitung von Nachbarschaftsapps wie Nebenan.de zeigt signifikante Unterschiede je nach Stadtteil. Im Saarland sind die Nutzerzahlen folgendermaßen verteilt:
- St. Arnual: 900 Nutzer
- Mainzer Straße: 950 Nutzer
- Merzig-Brotdorf: 10 Nutzer
- Hassel bei St. Ingbert: 30 Nutzer
Dies verdeutlicht, dass der Zugang zu digitalen Kommunikationsmitteln stark variieren kann, was auch mit dem sozialen Umfeld der Nutzer zusammenhängt. Die Nutzung von sozialen Medien ist seit der Pandemie gestiegen, und über drei Viertel der Bevölkerung interagiert regelmäßig über diese Plattformen.
Einsamkeit und Digitalisierung
Der digitale Wandel hat die Art und Weise, wie Menschen kommunizieren, grundlegend verändert. Online-Einkäufe und digitale Lehrangebote sind inzwischen Alltag. Laut Barmer stieg die Einsamkeitsrate während der Corona-Pandemie. Im Jahr 2020 fühlten sich 14% der 46- bis 90-Jährigen einsam, im Vergleich zu 9% in den Jahren 2014 und 2017. Digitalisierung kann jedoch auch helfen, Einsamkeit zu verringern, indem sie den Zugang zu sozialen Kontakten erleichtert.
Ältere Menschen nutzen zunehmend das Internet, und im Jahr 2021 gehörte die Altersgruppe der Über-60-Jährigen zu den größten Gruppen neuer Nutzer. Dennoch gibt es Bedenken, dass die vermehrte Nutzung digitaler Kommunikation auch Herausforderungen mit sich bringt, darunter haptische Einsamkeit aufgrund fehlenden Körperkontakts sowie das Phänomen des „Ghosting“.
Strategien gegen Einsamkeit
Um der Einsamkeit entgegenzuwirken, gibt es verschiedene Ansatzpunkte. Die Barmer empfiehlt unter anderem:
- Eine Bestandsaufnahme wichtiger Kontakte und deren Pflege.
- Eine Balance zwischen Online- und persönlichen Treffen.
- Die Teilnahme an Freizeitkursen zur Kontaktaufnahme mit Gleichgesinnten.
- Die Stärkung der Medienkompetenz durch entsprechende Trainingsangebote.
- Eine gemeinsame Bewegung zur Förderung des Wohlbefindens.
Insgesamt verdeutlicht die Entwicklung, dass während die Digitalisierung das Potenzial hat, Einsamkeit zu reduzieren, sie auch neue Herausforderungen mit sich bringt, die es zu bewältigen gilt.