In Wilhelmshaven und Friesland herrscht ein alarmierender Hebammenmangel, der die werdenden Mütter in eine prekäre Lage bringt. Die freiberuflichen Hebammen Janina Gurtschik und Simone Siemen, die ihre Dienste in der Region anbieten, stehen exemplarisch für die Herausforderungen, die viele ihrer Kolleginnen und Kollegen erleben. „Wenn sich zwei Hebammen treffen wollen, müssen sie sechs bis acht Wochen vorher einen Termin ausmachen“, scherzt Gurtschik, doch hinter diesem Scherz verbirgt sich eine ernste Realität. Laut einem Bericht von NWZonline gibt es keine genauen Zahlen über den Mangel an Hebammen, doch Schätzungen sprechen von mehreren Tausend bundesweit.
Die beiden Hebammen kritisieren die schlechten Arbeitsbedingungen und die unzureichende Bezahlung, die sie in ihrem Beruf erfahren. „Es gibt keinen Mangel an Fachkräften, es gibt einen Mangel an angemessenen Arbeitsbedingungen“, erklärt Ulrike Geppert-Orthofer, Präsidentin des Hebammenverbandes, und trifft damit den Nagel auf den Kopf. Gurtschik und Siemen berichten von Existenzängsten und dem Druck, in einem System zu arbeiten, das kaum Raum für persönliche Betreuung lässt. „In der Zeit schaffe ich es nicht, Mama und Kind komplett zu begutachten und Tausende von Fragen zu beantworten“, sagt Gurtschik über die kurzen Zeitfenster, die ihnen für Hausbesuche zur Verfügung stehen.
Die Realität der Hebammen
Die finanziellen Rahmenbedingungen sind katastrophal. Während die Kosten für Krankenversicherungen ständig steigen, bleibt das Gehalt der Hebammen stagnierend. „In den letzten 20 Jahren habe ich nur drei Erhöhungen zwischen drei und fünf Prozent erlebt – das ist viel zu wenig“, klagt Siemen. Von ihrem Einkommen müssen sie nicht nur ihre Versicherungen und die Miete für die Praxis bezahlen, sondern auch Steuern und Mitgliedsbeiträge im Hebammenverband. Die Belastungen sind enorm, und die Aussicht auf eine Verbesserung der Situation bleibt vage.
Die gesellschaftlichen Erwartungen an frischgebackene Mütter haben sich ebenfalls verändert. Gurtschik beobachtet, dass viele Frauen versuchen, ein perfektes Bild von ihrer Familie in den sozialen Medien zu präsentieren, was zusätzlichen Druck erzeugt. „Eine Geburt ist ein Marathon, danach sieht man eben nicht aus wie aus dem Ei gepellt“, erklärt sie und betont, dass praktische Unterstützung viel wertvoller ist als materielle Geschenke.
Die Zukunft der Hebammen
Die Ängste um die berufliche Zukunft sind omnipräsent. Gurtschik hat das Gefühl, dass die Nachfrage nach Hebammen in den kommenden Jahren nicht sinken wird. Der Übergang zur Akademisierung des Hebammenberufs sollte eigentlich eine Verbesserung bringen, doch viele potenzielle Hebammen scheitern an den neuen Anforderungen. „Ich habe noch immer das Gefühl, dass ich die Welt retten muss“, gesteht Gurtschik, während sie gleichzeitig mit der Realität konfrontiert ist, dass sie oft „Nein“ sagen muss, wenn Frauen in Not anrufen.
Die Dankbarkeit der Frauen, die sie betreuen, und die intimen Momente, die sie teilen, sind es, die Gurtschik und Siemen trotz aller Widrigkeiten an ihrem Beruf festhalten lassen. „Es ist, als würde man eine alte Freundin besuchen – dann sind wir wieder eine Weile gute Freunde auf Zeit“, beschreibt Gurtschik das Gefühl, das sie bei der Arbeit empfindet. Doch die Herausforderungen, die sie täglich bewältigen müssen, sind nicht zu unterschätzen, und die Zukunft des Hebammenberufs bleibt ungewiss.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Hebammenmangel in Wilhelmshaven und Friesland nicht nur ein lokales Problem ist, sondern Teil eines größeren bundesweiten Trends. Die Berichte von NWZonline und die Erfahrungen von Gurtschik und Siemen verdeutlichen, wie wichtig es ist, die Arbeitsbedingungen für Hebammen zu verbessern, um die Qualität der Betreuung für werdende Mütter zu sichern.