Am Zweiten Weihnachtsfeiertag hielt Weihbischof Otto Georgens eine Predigt im Speyerer Dom, in der er die Verfolgung von Christen sowie die Missachtung der Menschenrechte in Syrien, Irak und Libanon thematisierte. Georgens wies darauf hin, dass dies kein neues Phänomen sei; bereits in der Apostelgeschichte und im Evangelium seien Menschen verfolgt worden. Der Weihbischof nahm den Terrorangriff der Hamas auf Israel als Beispiel und sprach über das Leid der Menschen im Gazastreifen und Westjordanland. Insbesondere betonte er, dass auch die palästinensischen Christen im Nahen Osten unter den aktuellen Umständen leiden.
In seiner Predigt schilderte Georgens die leidenden Menschen mit „schmerzverzerrten, leeren, ausgemergelten Gesichtern“ und stellte in Anbetracht dieser Situation die Frage, ob man Weihnachten feiern könne. Er hob die Bedeutung des Weihnachtsfestes hervor, da Gott den Menschen sein wahres Gesicht im Kind von Bethlehem zeige. Seine Botschaft: Nicht die Menschen sollten Angst vor Gott haben, sondern Gott um die Menschen, die andere demütigen und verletzen. Der heilige Stephanus, der Namenspatron des Zweiten Weihnachtsfeiertags, wurde als Beispiel für Wohlwollen und Verzeihen inmitten von Gewalt genannt. Abschließend schloss Georgens mit der Botschaft, dass Jesus Frieden und Versöhnung bringt und dass Selig sind, die Frieden stiften und um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden.
Christliche Gemeinschaft in Syrien
In Syrien sind verschiedene christliche Kirchen, darunter die syrische und armenische orthodoxe Kirche, beheimatet. Bischof Armash Nalbandian der armenisch-orthodoxen Kirche in Damaskus äußerte sich optimistisch über den Machtwechsel im Land. Nach dem Sturz des Assad-Regimes berichtete er von Freude und Euphorie innerhalb seiner Glaubensgemeinschaft, die derzeit keine Verfolgung fürchtet, da die neuen Machthaber sich tolerant zeigen. Dennoch gibt es Verunsicherung und Ängste in der Gemeinde bezüglich der zukünftigen Entwicklung.
Nalbandian wünscht sich, dass die Glaubensgemeinschaft als Teil der Gesellschaft anerkannt wird und diese Anerkennung in einer neuen Verfassung reflektiert wird. Während der Assad-Herrschaft galten Christen als regimetreu, erlitten jedoch individuelle Verfolgung. Menschenrechtsexperten haben nach dem Sturz des Regimes Bedenken geäußert, dass sich die neuen Machthaber möglicherweise gegen die christliche Minderheit wenden könnten. Im Kontext dieser Veränderungen äußerte Martin Lessenthin, der frühere Sprecher der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte, seine Sorgen über die Lage der Christen.
Schätzungen zufolge gab es vor dem Bürgerkrieg 2011 etwa 7% christliche Bevölkerung unter den 21 Millionen Syrern, während aktuelle Zahlen schwer zu ermitteln sind. Momentan könnten noch maximal 500.000 Christen in Syrien leben. Die größte christliche Gemeinschaft in Syrien ist die syrisch-orthodoxe Kirche mit dem Patriarchat in Damaskus, gefolgt von der griechisch-orthodoxen Kirche, armenisch-orthodoxen Christen und römisch-katholischen Christen. Syrien gilt als Wiege des Christentums und beherbergt bedeutende theologischen und monastischen Zentren sowie die ältesten christlichen Stätten in Maalula, Derya, Homs, Aleppo und Damaskus, wie Deutschlandfunk berichtete.
Die Predigt von Weihbischof Otto Georgens und die Einschätzungen von Bischof Armash Nalbandian zeigen die komplexe Situation der Christen im Nahen Osten, die sowohl von Hoffnung auf Wandel als auch von tiefen Ängsten geprägt ist, wie Bistum Speyer mitteilte.