Die Rüstungsindustrie in Kassel, insbesondere das Unternehmen KNDS (Krauss-Maffei Wegmann), erlebt einen Boom, der maßgeblich durch die anhaltenden Konflikte in der Ukraine bedingt ist. Diese Region ist zunehmend entscheidend für die militärischen Anstrengungen der Ukraine während des dritten Kriegswinters. Eine zentrale Rolle spielt dabei die neu entwickelte Radhaubitze RCH 155, die als „weltweit einmalig“ gilt. Die Bundesregierung hat bereits 36 dieser Systeme im Rahmen der Ukrainehilfen bestellt, deren Auslieferung in diesem Jahr erwartet wird.
Die Radhaubitze RCH 155, ein selbstfahrendes Geschütz, ist auf einem Boxer-Radpanzer montiert und erlaubt es, während der Bewegung zu feuern – eine Funktion, die in der modernen Kriegsführung von zentraler Bedeutung ist. Der Einsatz der Radhaubitzen in der Region Kursk ist jedoch noch nicht erfolgt, da sie bisher nicht ausgeliefert wurden. Die RCH 155 zeichnet sich durch eine hohe Automatisierung aus, und ihr Design ermöglicht eine „Jäger-Killer“-Fähigkeit, die paralleles Zielen und Feuern ermöglicht.
Technische Daten und Einsatzmöglichkeiten
Die RCH 155 wird von Krauss-Maffei Wegmann in Deutschland hergestellt und hat ein Gewicht von weniger als 39,0 Tonnen. Die Spezifikationen umfassen:
- Länge: 10,40 m
- Breite: 2,99 m
- Höhe: 3,60 m
- Hauptbewaffnung: Rheinmetall Artilleriegeschütz
- Feuerrate: bis zu 9 Schuss pro Minute
- Effektive Reichweite: bis zu 54 km
Das System bietet Platz für eine Besatzung von zwei Personen und verfügt über eine Option zur fernbedienbaren Waffenstation, was die Vielseitigkeit im Einsatz weiter erhöht. Zudem können bis zu 30 gefechtsbereite Granaten mitgeführt werden, wodurch eine effiziente und schnelle Reaktionsfähigkeit gewährleistet ist.
Wachstumsperspektiven und Marktbedürfnisse
Der Betriebsratschef von KNDS berichtet von einem kontinuierlichen Personalaufbau und einem signifikanten Image-Wandel der Branche. Der Standort Kassel spielt dabei eine zentrale Rolle für die Bundeswehr, die vermehrt auf die Produkte aus dieser Region setzt. Neben der RCH 155 produziert KNDS auch bekannte Systeme wie den Leopard-Panzer und die Panzerhaubitze 2000.
Die Rüstungsindustrie in Deutschland steht allerdings trotz des steigenden Bedarfs unter Druck. Im Jahr 2022 erreichte Deutschland erstmals die NATO-Vereinbarung von zwei Prozent des BIP für Verteidigungszwecke. Trotzdem sind die Aufträge für Rüstungsunternehmen in den letzten Jahren stagniert. Der Marktanteil Deutschlands im globalen Rüstungssektor liegt lediglich bei 1,6 %, genau in einem Umfeld, in dem die USA mit 51 % dominieren.
Der Bedarf an neuen Technologien und Systemen wie der RCH 155 wird nicht nur in Deutschland, sondern auch international wahrgenommen. Zudem zeigen Länder wie die Schweiz, das Vereinigte Königreich und Italien Interesse an dem System. Die Produzenten rechnen mit weiterem Wachstum und suchen gezielt Fachkräfte, um den Anforderungen der modernen Kriegsführung gerecht zu werden.
Insgesamt verdeutlicht die aktuelle Entwicklung nicht nur die Bedeutung der Kasseler Rüstungsindustrie für die nationale Verteidigung, sondern auch deren zentrale Rolle in der geopolitischen Landschaft Europas. Die Lage in der Ukraine bleibt ein zentraler Aspekt für die Zukunft der Rüstungsproduktionen in Deutschland und darüber hinaus.
Für weitere Informationen zu diesem Thema, lesen Sie bitte die Berichte von HNA, Wikipedia und Tagesschau.