Inmitten der anhaltenden Debatte um die doppelte Staatsbürgerschaft und deren Folgen hat CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz kürzlich eine bemerkenswerte Forderung erhoben. Er möchte die Aberkennung des deutschen Passes für Straftäter mit doppelter Staatsbürgerschaft vorantreiben. Dieses Thema hat in der öffentlichen Diskussion bereits für reichlich Kontroversen gesorgt, insbesondere als die neuesten Zahlen zur doppelten Staatsbürgerschaft in Hessen veröffentlicht wurden.
Laut fr.de leben in Hessen rund 286.000 Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft, was 4,5 % der Gesamtbevölkerung entspricht. Merz findet, dass die doppelte Staatsbürgerschaft nicht der Regelfall sein sollte, sondern dass diese auf Ausnahmefälle beschränkt werden sollte. Im Fokus seiner Überlegungen steht die Prüfung einer Ausweitung der Tatbestände für den Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft bei mehrfach straffällig gewordenen Personen.
Kritik und Kontroversen
Der Vorstoß Merz‘ findet jedoch nicht nur Zuspruch. Kritiker aus verschiedenen politischen Lagern äußern Bedenken. SPD-Chefin Saskia Esken bezeichnete die Forderungen als rechtspopulistisch, während DIW-Präsident Marcel Fratzscher warnte, dass dies zu einer Zweiklassengesellschaft bei der Staatsbürgerschaft führen könnte. Auch die Grünen, vertreten durch ihren Vorsitzenden Felix Banaszak, lehnen eine Staatsbürgerschaft auf Abruf ab. Marc Tenbieg vom Deutschen Mittelstands-Bund kritisierte zusätzlich die populistische Rhetorik von Merz.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) äußerte ihrerseits Kritik und bezeichnete Merz‘ Vorschlag als populistisch und faktenignorierend. Die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts, die im Juni 2024 in Kraft trat, hat die Einbürgerung in Deutschland erleichtert und markiert einen Wendepunkt in der Diskussion um Staatsbürgerschaft und Einwanderung.
Reform des Staatsangehörigkeitsrechts
Diese Reform erleichtert nicht nur die Einbürgerung, sondern bedeutet auch, dass bis zu 194.000 Einbürgerungen im Jahr 2023 erreicht wurden, ein neuer Höchststand. Die meisten Doppelstaatler in Hessen haben zusätzlich einen polnischen Pass (ca. 33.600), gefolgt von türkischen (29.100), russischen (22.500) und italienischen (22.300) Pässen.
Es ist bemerkenswert, dass die Union plant, die zuvor beschlossenen Einbürgerungserleichterungen rückabzuwickeln. Im Gespräch mit der „Welt am Sonntag“ hatte Merz außerdem seine Besorgnis über die Anzahl der nicht schutzbedürftigen Menschen geäußert, die nach Deutschland kommen.
Rechtliche Bedenken
Jurist Daniel Thym hat vor einer möglichen Überforderung des Staatsangehörigkeitsrechts gewarnt, während Verfassungsrechtsexperte Matthias Goldmann die Forderungen Merz als verfassungswidrig bezeichnete. Das Bundesinnenministerium zeigt sich ebenfalls skeptisch und hält den Vorschlag für rechtlich fragwürdig und nicht verhältnismäßig.
Zusätzlich wird erwartet, dass eine Verurteilung wegen antisemitischer Straftaten in Zukunft als Grund für die Ausbürgerung von Doppelstaatlern genutzt werden soll, obwohl es keinen spezifischen Straftatbestand für Antisemitismus im deutschen Strafrecht gibt.
Die Debatte über die doppelte Staatsbürgerschaft wird immer intensiver und wirft nicht nur Fragen der Rechtsprechung und Gleichheit auf, sondern beleuchtet auch die Herausforderungen, die mit Migration und Integration in Deutschland verbunden sind. Die kommenden Monate könnten entscheidend dafür sein, wie diese Themen im Rahmen des Wahlkampfs der CDU weiter behandelt werden.