Am 14. Januar 2025 kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz beim Ostsee-Gipfel in Helsinki die deutsche Beteiligung am Schutz der kritischen Infrastruktur in der Ostsee an. Diese Maßnahme erfolgt vor dem Hintergrund einer ansteigenden Bedrohung durch die sogenannte russische Schattenflotte, die aus Tankern und Frachtschiffen mit undurchsichtigen Eigentümerstrukturen besteht. Diese Schiffe werden von Russland genutzt, um internationalen Sanktionen zu entgehen. Laut dem Auswärtigen Amt umfasst die Schattenflotte insgesamt 79 Schiffe, die zunehmend in der Ostsee aktiv sind und dort für Besorgnis sorgen. Scholz bezeichnete die aktuelle Situation als „sehr ernste Angelegenheit“ und wies darauf hin, dass konkrete Vorfälle, bei denen Leitungen und Kabel in der Ostsee mutmaßlich vorsätzlich beschädigt wurden, Anlass für die Initiative sind.
Die Vorfälle, die zu dieser Entscheidung führten, umfassen Schäden an einem Glasfaserkabel zwischen Helsinki und Rostock sowie an der Stromleitung Estlink 2, die zwischen Finnland und Estland verläuft. Diese Schäden traten in einem kritischen Zeitraum auf, darunter zwei bedeutende Ereignisse im November und am ersten Weihnachtstag. Besonders im Fokus steht der Öltanker „Eagle S“, der unter der Flagge der Cookinseln segelt, jedoch zur Schattenflotte gerechnet wird. Finnland hat das Schiff inzwischen festgesetzt, und es laufen Ermittlungen zu einem Anker, der zur „Eagle S“ gehört und über 100 Kilometer über den Meeresgrund gezogen worden sein soll.
Gipfeltreffen zur Sicherheitslage
Der Gipfel in Helsinki wird von Deutschland, Dänemark, Estland, Finnland, Lettland, Litauen, Polen und Schweden veranstaltet. Ausrichter sind Finnlands Präsident Alexander Stubb sowie Estlands Ministerpräsident Kristen Michal. Ein zentrales Thema des Treffens sind die Sorgen um die Sicherheitslage im Ostsee-Raum und der Schutz der kritischen Infrastruktur. NATO-Generalsekretär Mark Rutte hielt eine gemeinsame Pressekonferenz, in der die Notwendigkeit einer verbesserten Überwachung und Sicherheitsmaßnahmen hervorgehoben wurde. Die NATO plant, ihre Präsenz in der Region erheblich auszuweiten und einen Einsatz zur besseren Überwachung der Ostsee zu beginnen, an dem auch Finnland und Schweden mit eigenen Schiffen teilnehmen werden.
Estland ist bereits aktiv und patrouilliert mit einem Marineschiff im Finnischen Meerbusen. Insgesamt sollen etwa zehn Schiffe in die Mission eingebunden werden, um die Sicherheit der Unterwasserinfrastruktur zu gewährleisten und potenziellen Sabotageakten zuvorzukommen. Diese Sicherheitsmaßnahmen werden als dringend notwendig erachtet, besonders im Licht der vorangegangenen Vorfälle, die keinerlei unmittelbare Folgen für Verbraucher hatten, jedoch eine ernsthafte Gefahr für die kritische Infrastruktur darstellen.
Hybride Bedrohungen und Schutzmaßnahmen
Staatssekretärin Siemtje Möller hat betont, dass die Bedeutung des Schutzes kritischer Infrastruktur in der Ostsee nicht zu unterschätzen sei. Laut Möller beobachtet man eine zunehmende Bedrohungslage mit hybriden Aktivitäten, die mehrere Dimensionen umfassen. Russische Forschungsschiffe haben sich auffällig in der Nähe der maritimen Infrastruktur aufgehalten, was die Besorgnis über gezielte Angriffe auf Deutschland verstärkt. Die Notwendigkeit von Präventionsstrategien sowie intensiver Überwachung und erhöhten Sicherheitsstandards wird als unabdingbar angesehen.
Darüber hinaus wurde die Beschädigung der Ostsee-Pipeline Balticconnector im Herbst 2023 thematisiert, die ebenfalls in Verdacht steht, mit dem chinesischen Containerschiff „Newnew Polar Bear“ in Verbindung zu stehen. Der Schutz vor solchen hybriden Bedrohungen erfordert koordinierte Anstrengungen, wobei Deutschland und der multinationale Stab „Commander Task Force Baltic“ in Rostock eine zentrale Rolle spielen. Es ist unklar, inwiefern die bestehenden Seerechtsübereinkommen von 1982 Maßnahmen gegen solche Aktivitäten erschweren. Dennoch bleibt Deutschland aktiv und setzt sich für den Schutz der Ostsee ein, um die Sicherheit seiner maritimen Infrastruktur zu gewährleisten.