Am 19. Januar 2025 veranstaltete die Stadt Kassel ihren Neujahrsempfang, ein Event, das nicht nur gesellschaftliche Bedeutung hat, sondern auch kulturelle und politische Impulse setzen soll. Bürgermeister Dr. Sven Schoeller und zahlreiche Ehrengäste nahmen an der Veranstaltung teil, die in der Stadthalle stattfand. Besonderes Augenmerk lag auch auf dem deutsch-polnischen Dialog, der durch verschiedene Initiativen gefördert wird.
Ein zentraler Bestandteil dieses Dialogs ist das Format „Geschichte im Dialog“, das von der Europa Union Kassel entwickelt wurde. Im November 2024 fand ein Workshop in Danzig statt, der mit 30 Fachkräften aus Deutschland und Polen besetzt war. Der Workshop thematisierte unter dem Titel „Selbstbewusste Stadtbürgerschaft früher und heute“ nicht nur die Geschichte der Stadt, sondern auch aktuelle Fragestellungen zur Erinnerungskultur.
Der Workshop in Danzig
Der Workshop, der vom 24. bis 28. November 2024 stattfand, wurde in Partnerschaft mit der Deutsch-Polnischen Gesellschaft in Danzig und der Stiftung „Kotwica i Gryf“ organisiert. Veranstaltungsorte waren das Museum des 2. Weltkrieges sowie das Zentrum Dolna Brama. Die Eröffnung wurde von dem Zeitzeugen RA Jacek Taylor geleitet, der in den 80er Jahren die Solidarność-Aktivisten verteidigte.
Ein Höhepunkt war eine Stadtführung am zweiten Tag, geleitet von Dr. Jan Daniluk, bei der die TeilnehmerInnen die deutschen, polnischen, kaschubischen und jüdischen Spuren Danzigs erkundeten. Die erste von drei geplanten Podiumsdiskussionen behandelte die Geschichte des Grenzlands und den verantwortlichen Umgang mit Geschichtserzählungen.
Inspirierende Diskussionen und Netzwerkarbeit
Referenten wie Dr. Leszek Molendowski und Prof. Jerzy Grzywacz trugen zur inhaltlichen Tiefe der Diskussionen bei. Besonders hervorzuheben ist der Vortrag von Andrzej Dusiewicz über das Lehrwerk „Europa. Unsere Geschichte“, der viele Impulse zur praktischen Umsetzung der Inhalte gab.
Am vierten Tag stellten die TeilnehmerInnen Unterrichtspläne zum Thema „Danzig, die Stadt der Freiheit“ in gemischten Gruppen zusammen. Begleitet wurden sie von einem Dolmetscherteam unter der Leitung von Bożena Meske und Paweł Gorszczynski, sodass eine interkulturelle Kommunikation gewährleisten konnte. Die Atmosphäre wurde durch einen Brief der deutschen Generalkonsulin Dr. Cornelia Piper, die die Teilnehmenden willkommen hieß, weiter intensiviert. Viele der Anwesenden empfanden die Zeit in Danzig als inspirierend und nützten die Gelegenheit zur Netzwerkbildung.
Die nächste Auflage des Workshops ist für 2025 in Kassel geplant, wobei das Thema „Vergessene Geschichte/n der Frauen“ im Mittelpunkt steht. Unterstützt wird diese Veranstaltung von der Selbstverwaltung der Woiwodschaft Pommern sowie der Stadt Danzig und dem Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland, mit finanzieller Unterstützung durch die Stiftung Deutsch-Polnischer Zusammenarbeit, die Sanddorf Stiftung sowie die Hessische Landeszentrale für Politische Bildung.
Einblick in die bewegte Geschichte Danzigs
Danzig (polnisch Gdańsk) hat eine lange und facettenreiche Geschichte, die von der ersten Besiedlung bis zur heutigen Zeit reicht. Die Stadt, die an der Weichselmündung liegt, war im 10. Jahrhundert ein bedeutender Handelsweg für die Wikinger und spielte über die Jahrhunderte eine zentrale Rolle in zahlreichen politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen. Sie erlebte im 13. Jahrhundert eine Blütezeit als Handelszentrum in der Ostsee.
Die wechselvolle Geschichte der Stadt beinhaltet auch ihre Rolle als „Freie Stadt Danzig“ von 1920 bis 1939, die zu erheblichen politischen Spannungen führte. Der völkerrechtswidrige Anschluss an das Deutsche Reich 1939 markierte den Beginn des Zweiten Weltkriegs und hatte verheerende Folgen für die jüdische und polnische Bevölkerung der Stadt. Nach dem Krieg wurde Danzig rekonstruiert und erlebte eine Zuwanderung polnischer Bevölkerung, was zur heutigen ethnischen Zusammensetzung führte.
Die Verbindung zwischen Kassel und Danzig bietet durch diese geschichtlichen und kulturellen Projekte wichtige Ansätze zur Förderung eines europäischen Miteinanders und zur Reflexion über die eigene Geschichte.