Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat eindringlich gefordert, die Corona-Politik nach der bevorstehenden Bundestagswahl umfassend aufzuarbeiten. In einer Erklärung betonte er die Dringlichkeit dieses Themas und erklärte seine Bereitschaft, die Aufarbeitung selbst in die Wege zu leiten, falls die neue Regierung und der neue Bundestag dies nicht umsetzen. Steinmeier sieht in dieser Aufarbeitung eine Möglichkeit, das Vertrauen der Bürger in die Demokratie zurückzugewinnen. Aktuell ist festzustellen, dass während der bisherigen Wahlperiode keine umfassende Analyse der Schutzmaßnahmen durchgeführt wurde, die während der Pandemie ergriffen wurden, wie etwa Maskenpflichten, Impfungen und Schul- sowie Geschäftsschließungen. Der Bundestag wird in einem Monat neu gewählt, viel Zeit bleibt nicht für eine zügige Verständigung über das „Wie“ der Aufarbeitung. Radio Ennepe Ruhr berichtet, dass Steinmeier betonte, die öffentliche Erwartung an eine solche Aufarbeitung sei groß. Er warnte jedoch davor, sich bei der Suche nach Schuldigen zu verlieren, und forderte stattdessen Transparenz und Rechenschaft über die getroffenen Corona-Maßnahmen.
Die Forderung nach einer umfassenden Aufarbeitung wird von verschiedenen politischen Parteien unterstützt. So zeigt sich die CDU offen für diese Thematik. Stellvertretende CDU-Generalsekretärin Christina Stumpp äußerte in der Presse die Notwendigkeit einer Aufarbeitung der Corona-Pandemie auf Bundesebene. Auch andere politische Akteure, wie Gesundheitsminister Karl Lauterbach, sowie zivilgesellschaftliche Organisationen bringen ihren Wunsch nach einer Analyse zum Ausdruck. Laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung gibt es eine breite Mehrheit unter den Parteien, von der Linken bis zur AfD, die eine solche Aufarbeitung fordert. Eine Bürgerumfrage aus dem Dezember ergab, dass 55% der Befragten eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Umgang während der Pandemie befürworten, während 38% sich dagegen aussprachen.
Gesellschaftliche Kluft und politische Verantwortung
Rückblickend zeigt sich, dass die Pandemie eine gesellschaftliche Kluft in Deutschland verstärkt hat. Wichtige Fragen bleiben unbeantwortet. Warum wurden Schulen geschlossen, während Büros geöffnet bleiben durften? Diese und ähnliche Fragen haben zu einem Gefühl der Entfremdung zwischen den Entscheidungsträgern und der Bevölkerung geführt. Die Augsburger Allgemeine hebt hervor, dass dies in vielen Ländern den Aufstieg rechtspopulistischer Parteien begünstigt hat. Die Warnung von Steinmeier, dass das Verdrängte gefährlich ist und schnell als Nährboden für Populismus dienen kann, schwingt stark mit.
Es ist nicht zu spät, die Lehren aus der Corona-Pandemie zu ziehen. Steinmeier und verschiedene Gruppen erhoffen sich durch eine ehrliche Auseinandersetzung mit der Vergangenheit eine Festigung der Demokratie und eine Vorbereitung auf zukünftige Pandemien. Auch Vorschläge wie Expertenrunden, Enquete-Kommissionen oder ein Corona-Bürgerrat stehen im Raum, um diesen Prozess zu gestalten. Es wird zunehmend wichtig, schnell zu handeln, um politischen Willen zu zeigen und sicherzustellen, dass solche Fehler nicht erneut geschehen.