Belgien hat mit der Bildung einer neuen Regierung einen historischen Schritt vollzogen: Erstmals wird die Regierung von der flämischen Nationalpartei N-VA, die als rechtsgerichtet und migrationskritisch gilt, angeführt. Bart De Wever, der Vorsitzende der N-VA und seit Jahren Bürgermeister von Antwerpen, wird als Regierungschef das Zepter schwingen. Diese Einigung kommt nach einer komplizierten Regierungsbildung, die oftmals von den Spannungen zwischen den französisch- und niederländischsprachigen Regionen des Landes behindert wird, so berichtet Radio Euskirchen.
Die N-VA hat sich mit vier weiteren Parteien, darunter die liberale Partei MR, Christdemokraten aus beiden Landesteilen sowie flämische Sozialdemokraten, auf eine Koalition geeinigt. Diese „Arizona-Koalition“ erhält ihren Namen von den Farben der Flagge des US-Bundesstaates Arizona. Der König von Belgien, Philippe, muss die Einigung jedoch noch formell annehmen und die neuen Minister vereidigen.
Dringende Reformen in Aussicht
Mit der neuen Regierung stehen drastische sozioökonomische Reformen und Einschnitte im sozialen Bereich bevor. Die Koalition hat das Ziel, die Schuldenlast und die Neuverschuldung des Landes zu reduzieren. Experten erwarten, dass der Fokus auf umstrittenen Themen wie der Reform von Steuern, Renten und dem Arbeitsmarkt liegen wird. Diese Reformen sind jedoch nicht ohne Konflikte, da insbesondere die flämischen Sozialisten von Vooruit und die frankophonen Liberalen von MR in der Vergangenheit Uneinigkeiten hatten, berichtet Belgieninfo.
Bei den Koalitionsverhandlungen waren bereits erste Versuche, eine Arizona-Koalition zu bilden, gescheitert. Ein Streit um eine mögliche Gewinnsteuer auf Wertpapierverkäufe hatte den ersten Anlauf zunichtegemacht. Maxime Prévot von Les Engagés konnte jedoch vermitteln und die Parteien zu einer Einigung bringen.
Politische Landschaft und Herausforderungen
Die politische Landschaft in Belgien ist durch die Sprachregionen geprägt. Bart De Wever, der als entscheidende Figur in dieser Formationsphase gilt, plant, das Augenmerk auf weniger umstrittene Themen wie Zuwanderung, Energiepolitik und innere Sicherheit zu lenken. Die Frist, die von der Europäischen Kommission für eine Entlastung des Staatshaushalts durch umfangreiche Reformen gesetzt wurde, könnte die Dringlichkeit der Regierungsbildung erhöhen.
Unterdessen zeigt sich der Parteichef der MR, Georges-Louis Bouchez, optimistisch über die neue Koalition, jedoch mit dem Risiko, dass er erneut Konflikte heraufbeschwören könnte. Die Frage bleibt, ob die Arizona-Koalition tatsächlich die einzige realistische Option ist, da flämische Liberale (Open VLD) und französischsprachige Sozialisten (PS) momentan ausgeschlossen scheinen. VRT News berichtet zudem, dass die Gespräche über die komplexen Reformen bis Ende des Monats abgeschlossen sein sollten.