In der Ägäis, rund um Santorini, haben anhaltende Erdbeben seit dem 24. Januar 2025 die Region erschüttert und viele Einwohner zur Flucht bewegt. Diese Erdbeben sind Teil eines Schwarmes, der mehr als 2.300 Erdbeben umfasst, darunter 45 mit einer Magnitude von über 4. Der stärkste Erschütterung ereignete sich am 4. Februar mit einer Magnitude von 5,1. Dies wirft ernsthafte Fragen zur geologisch aktiven Region auf, in der die afrikanische Platte unter die eurasische Platte abtaucht und Kompression sowie Spannungen an den Faultzonen erzeugt. Nach Angaben von Professor Klaus Reicherter, dem Leiter des Instituts für Neotektonik und Georisiken an der RWTH Aachen, sind die geologischen Bedingungen vor Ort durch starke Krustendeformationen gekennzeichnet, was das Risiko weiterer, potenziell verheerender Erdbeben erhöht.
Die Beben ereigneten sich schätzungsweise 25 Kilometer nordöstlich von Santorini, und die anhaltende seismische Aktivität hat dazu geführt, dass mehr als 6.000 Menschen die Insel verlassen haben. Die Behörden haben Schulen geschlossen und Katastrophenschutzmaßnahmen intensiviert. Sonderflüge unterstützen die Evakuierung, und das deutsche Auswärtige Amt hat eine Reisewarnung für die Region ausgesprochen. Professor Reicherter äußert sich besorgt über die unberechenbare Natur künftiger Erdbeben, da die Energie der bisherigen Erdbeben noch nicht abgebaut wurde und eine große Erschütterung nicht auszuschließen ist. Viele Anwohner haben die Erdbeben als leichte Vibrationen wahrgenommen, jedoch gibt es erhebliche Befürchtungen im Hinblick auf Tsunami- und Felssturzgefahren.
Ungewöhnliche seismische Aktivität
Die aktuellen Beben sind für die tektonisch aktive Region um Santorini als ungewöhnlich einzustufen. Der Kolumbo-Vulkan, der nördlich von Santorini liegt, könnte dabei eine Schlüsselrolle spielen. 2023 entdeckten Geologen eine Magmakammer unter dem Vulkan, die sich seitdem schnell mit Magma füllt. Diese Entwicklung könnte sowohl mit den gegenwärtigen Erdbeben als auch mit einem möglichen künftigen Ausbruch des Unterseevulkans in Verbindung stehen. Historisch betrachtet führte der letzte Ausbruch des Kolumbo im Jahr 1650 zu einem Tsunami, der verheerende Folgen in der Umgebung hatte.
Seismische Überwachungsprojekte wie das MULTI-MAREX-Projekt, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird, versuchen, den aktuellen Zustand besser zu verstehen. Eine rapid response Mission wurde am 2. Februar gestartet, um die seismischen Aktivitäten genauer zu überwachen und die Anzahl, Lage sowie Stärke der Erdbeben zu quantifizieren. Die Messinstrumente werden sowohl auf dem Meeresboden als auch in der Caldera von Santorini platziert, um präzise Daten zu sammeln und potenzielle Gefahren frühzeitig zu erkennen.
Potenziale Gefahren und Ausblick
Die Risiken in der Region sind erheblich: Neben den Erdbeben gibt es auch eine erhöhte Gefahr für Erdrutsche, insbesondere entlang der steilen Küsten. Zudem könnten sehr starke Erdbeben Tsunamiwellen erzeugen, die das Ausmaß der Zerstörung wesentlich verstärken könnten. Die Behörden warnen die Bevölkerung, und im Falle eines starken Erdbebens sind Notfallwarnungen vorgesehen, die via Mobilfunknetz übermittelt werden, sofern die Benutzer ihre Benachrichtigungsoptionen aktiviert haben.
Die Unsicherheiten in Bezug auf die zukünftige seismische Aktivität sind groß. Experten sind derzeit bemüht, sowohl die gefühlte seismische Aktivität als auch die zugrunde liegenden geologischen Prozesse weiter zu analysieren. Das Verständnis der Zusammenhänge zwischen Tektonik und Vulkanismus ist von zentraler Bedeutung, um die Anwohner besser informieren und schützen zu können. In einem Gebiet, das tief in der Geschichte verwurzelt ist und noch heute von überaus dynamischen geologischen Prozessen geprägt wird, bleibt die Lage angespannt.
Wie kabinett-online.de und geomar.de berichten, wird die Entwicklung auch weiterhin genau verfolgt. Das Augenmerk der Forscher liegt darauf, das Risiko weiterer seismischer Ereignisse besser einzuschätzen und die Sicherheit der Bevölkerung in dieser gefährdeten Region zu gewährleisten.