Das Gießkannenmuseum in Gießen erweist sich als faszinierendes Zeugnis für ein alltägliches, aber oft übersehenes Objekt: die Gießkanne. Seit seiner Eröffnung im Jahr 2011 hat das Museum, das von der Künstlergruppe „gärtnerpflichten“ betrieben wird, eine beeindruckende Sammlung von über 1.700 Kannen aus aller Welt angesammelt. Das Spektrum reicht von antiquarischen Modellen bis hin zu modernen und sogar wertvollen Exemplaren. Besonders bemerkenswert ist, dass die Sammlung kontinuierlich erweitert wird, da fast alle Kannen durch Spenden von Bürger*innen, Sammlern und Künstlern aus Gießen und Umgebung stammen.
In einer besonderen Geschichte erzählt das Museum von einer großen, gedrungenen Gießkanne aus verblichenem Rot, die für 100.000 Dong (etwa 3,70 Euro) von einem Vietnamesen namens Thanh erworben wurde. Diese Kanne, die eine ovale Form mit abnehmbarer Brause und Holzgriff besitzt, wurde ursprünglich für den Alltag genutzt. Thanh war überrascht, als ihm erklärt wurde, dass diese Alltagsgegenstände für ein Museum gesammelt werden sollten. Solche Geschichten und der persönliche Bezug der Menschen zu ihren Gießkannen sind essenziell für die Identität des Museums und tragen zur Sammlung bei.
Die Vielfalt der Gießkanne
Die ausgestellten Gießkannen repräsentieren eine Vielzahl von Stilen, Materialien und Kulturen, darunter Exemplare aus Mauritius, Brasilien, Vietnam, Kasachstan, Kurdistan und Indien. Das Museum ist nicht nur ein Ort der Darstellung, sondern auch ein Mitmachmuseum. Wenn Menschen Gießkanne oder verwandte Objekte spenden, werden sie nach ihrer Geschichte gefragt. Diese Erzählungen geben interessante Einblicke in die Verwendung, alltägliche Rituale und den Zeitgeist der jeweiligen Epochen.
Ein weiteres interessanten Projekt ist die Zusammenarbeit mit „Botanoadopt“, bei dem vernachlässigte Zimmerpflanzen im Museum zur Adoption angeboten werden. Jede Pflanze erhält ihren eigenen Namen und eine Geschichte, was die Verbindung zwischen Mensch und Natur zusätzlich betont. Das Museum hat in diesem Kontext auch historische Drucke aus dem späten 19. Jahrhundert erworben, die Gießkanne in verschiedenen kulturellen Kontexte zeigen.
Eingangscheck und Besucherinteresse
Das Gießkannenmuseum, das sich seit Frühjahr 2018 in der Sonnenstraße in Gießen befindet, ist gut sichtbar und leicht zugänglich. Besondere Beachtung verdienen die wöchentlich neu hinzukommenden Kannen, die größtenteils gespendet werden. Das Museum ist darauf angewiesen, dass Besucher mit ihren Erinnerungen oder Objekten beitragen. Dabei prüft eine Fachjury, ob die Kanne aufgrund ihrer Geschichte oder einer besonderen Form für den Bestand interessant ist.
Der Film „ICH KANN, WIR KANNEN“ von Markus Henschler bietet zusätzlich einen Einblick in die Welt des Gießkannenmuseums und die Faszination, die von diesen scheinbar einfachen Objekten ausgeht. Dieser 9:59 Minuten lange Kurzfilm umfasst Konzept, Schnitt und Musik und lässt Besucher sowie Interessierte tiefer in die Materie eintauchen.
Insgesamt zeigt das Gießkannenmuseum eindrucksvoll, wie ein alltäglicher Gebrauchsgegenstand zu einem kulturellen und historischen Sammlungsstück werden kann, das nicht nur zur Bewässerung dient, sondern auch spannende Geschichten über die Menschen erzählt, die sie genutzt haben.