Am 7. März 2025 ereignete sich ein bemerkenswerter Vorfall in einer Zahnarztpraxis in Bad Ems, der weitreichende Fragen zu den Verfahren der Bonitätsprüfung in medizinischen Einrichtungen aufwirft. Cenk Kayatürk beantragte eine Zahnbehandlung, für die eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse vorgesehen war. Doch das Verfahren, das ihm begegnete, offenbarte erhebliche Mängel im Umgang mit Datenschutz und Transparenz.
Neue Patienten in der Praxis sind verpflichtet, ihre persönlichen Daten über ein Tablet zu erfassen. Im digitalen Formular befanden sich Auswahlfelder, die die Zustimmung zur Datenverarbeitung, einschließlich einer Bonitätsprüfung, beinhalten sollten. Kayatürk ließ diese Kästchen bewusst unausgewählt, da er keine kostenpflichtigen Leistungen in Anspruch nehmen wollte.
Unautorisierte Bonitätsprüfung
Entgegen seiner Absicht hatte die Zahnarztpraxis die Auswahlfelder so konzipiert, dass sie faktisch keine echten Optionen darstellten. Dies führte offenbar dazu, dass Kayatürk unwissentlich einer Bonitätsprüfung zugestimmt hatte. Vor dem Besuch hatte er einen Schufa-Score von 97,2, der für eine positive Bonität spricht. Nach der durchgeführten Bonitätsabfrage sank sein Score jedoch erheblich, was zur Ablehnung seiner Kreditanfrage führte.
Die negative Auswirkung auf seinen Score wurde als Resultat der unautorisierten Abfrage durch die Zahnarztpraxis identifiziert. Durch Intervention in der Praxis und Kontaktaufnahme mit der Schufa konnte die Anfrage schließlich gelöscht werden, und Kayatürk erlangte seinen hohen Score von über 97 Punkten zurück.
Nach dem Vorfall erhielt Kayatürk dennoch eine Rechnung für eine Zahnreinigung sowie ein Aufklärungsgespräch zur Zahnpflege, die er fälschlicherweise unter der Annahme erhielt, dass diese Leistungen von der Krankenkasse abgedeckt werden. Er zahlte die Rechnung bar, ohne zu wissen, dass seine Bonität zuvor geprüft worden war.
Rechtliche Rahmenbedingungen und Folgen
Das Thema Bonitätsprüfungen in Arztpraxen wird zusätzlich durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) am 7. Dezember 2023 schwerwiegender. In diesem Urteil wurden neue datenschutzrechtliche Grenzen für die Bonitätsprüfung festgelegt, die sowohl Verbraucher als auch Unternehmen betreffen. Laut dem Urteil ist das Schufa-Scoring unzulässig, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind, wie etwa Entscheidungen, die ausschließlich auf automatisierter Verarbeitung beruhen, und die rechtlichen Auswirkungen auf die betroffene Person haben.
Das Urteil stärkt die Rechte der Betroffenen und regt zur Diskussion darüber an, wie in Deutschland mit Bonitätsprüfungen in medizinischen Einrichtungen verfahren wird. Datenschutzrechtlich stellen automatische Scoring-Verfahren weiterhin einen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte dar, was die Notwendigkeit eines transparenten und informierenden Umgangs mit Patientendaten unterstreicht.
Diese Problematik wird durch die Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) kompliziert. Seit dem 25. Mai 2018 sind Zahnärzte verpflichtet, ihre Patienten umfassend über die Verarbeitung personenbezogener Daten zu informieren. Eine unzureichende Information könnte nicht nur rechtliche Konsequenzen für die Praxis haben, sondern auch das Vertrauen der Patienten in medizinische Dienstleistungen erheblich gefährden.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Fall von Cenk Kayatürk nicht nur individuelle Auswirkungen hatte, sondern auch einen größeren Diskurs über Datentransparenz und Patientenrechte in der medizinischen Versorgung anstößt. Die bisherigen Verfahren müssen überdacht und angepasst werden, um den Anforderungen der EU-Datenschutzverordnung gerecht zu werden und eine informierte Zustimmung der Patienten zu gewährleisten.