Beatrice Michel, 41 Jahre alt, trat im vergangenen Sommer ihr Amt als Ortsbürgermeisterin in Grumbach an. Sie ist verheiratet und Mutter von drei Kindern. Als Bankbetriebswirtin vereint sie die Herausforderungen von Beruf, Familie und Ehrenamt. Ihr Fazit? Die Vereinbarkeit gelingt ihr im Großen und Ganzen gut, allerdings beobachtet sie eine deutliche Überforderung von vielen Müttern in ähnlichen Positionen, die sich nach einer besseren Balance zwischen beruflichen und familiären Anforderungen sehnen.
In der männerdominierten Kommunalpolitik empfängt Michel viel Zuspruch, nicht nur von Amtskollegen innerhalb der Verbandsgemeinde, sondern auch darüber hinaus. Besonders wichtig ist ihr, dass Geschlecht in dieser Sphäre nicht entscheidend sein sollte. „Soziale und fachliche Kompetenz sind unverzichtbar“, betont sie. Der Aufruf zur stärkeren Einbeziehung von Frauen ist relevant, da diese wichtige gesellschaftliche Rollen – insbesondere in der Kindererziehung und Care-Arbeit – repräsentieren und somit wertvolle Perspektiven in die Politik einbringen können.
Herausforderungen der Vereinbarkeit
Nach einer aktuellen Umfrage ist das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf omnipräsent. Viele Mütter äußern den Wunsch nach mehr Zeit für sich selbst und besseren Bedingungen, um die Anforderungen von Beruf und Familie zu managen. Der größte Stressfaktor ist dabei fehlende Zeit, was auch mit dem häufigen Verzicht auf Pausen zusammenhängt. In der Umfrage äußerten fast alle Befragten den Wunsch nach mehr Flexibilität in der täglichen Planung. Einfache individuelle Lösungen zur Vereinbarkeit könnten beispielsweise verantwortungsvolle Teilzeitjobs mit Aufstiegschancen sein.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Bedarfsgerechte Kinderbetreuung, die stärker auf die Bedürfnisse der Eltern zugeschnitten werden sollte. Barrieren wie unzureichende Kita-Öffnungszeiten und das Fehlen verständnisvoller Arbeitgeber machen es besonders Alleinerziehenden schwer, Verantwortung im Beruf und zu Hause zu kombinieren. Der neue Familienbegriff, der vielfältige Familienmodelle anerkennt, könnte hier ebenso zur Verbesserung beitragen.
Die Rolle der Geschlechter
Die geschlechtsspezifische Ungleichheit bei der Vereinbarkeit wird durch den gender care gap weiter verstärkt. Mütter leisten den Großteil der Haus- und Sorgearbeit, auch wenn sie berufstätig sind. Während 61% der Mütter erwerbstätig sind, arbeiten 84% der Väter. Mütter verbringen durchschnittlich 40 Stunden pro Woche mit Kinderbetreuung und Hausarbeit, Väter nur 22 Stunden. Diese Unterschiede haben auch Einfluss auf Einkommens- und Aufstiegschancen – Mütter haben in der Regel geringere Chancen auf eine Führungsposition als ihre männlichen Kollegen, und Lohneinbußen durch Mutterschaft handeln von etwa 16% pro Kind.
Ein weiterer alarmierender Punkt ist die zukünftige Entwicklung: 2015 lag der Frauenanteil in Aufsichtsräten bei lediglich 26%. Trotz des FüPoG (Gesetz zur Förderung der gleichberechtigten Teilhabe) sind viele Unternehmen von der Zielsetzung der Gleichstellung weit entfernt. Der digitale Wandel jedoch birgt auch die Chance, neue Vereinbarkeitslösungen zu schaffen. Innovative Arbeitszeitmodelle könnten dazu beitragen, die Lebensrealität von Eltern zu verbessern.
Beatrice Michel wünscht sich eine Zukunft, in der die Anzahl der Frauen in Führungspositionen deutlich steigt. Der Zugang zu diesen Positionen sollte nicht verwehrt werden. Ihre positive Sicht auf die Herausforderungen der Kommunalpolitik, gepaart mit dem Mut, aktiv Veränderungen einzufordern, könnte für viele ein inspirierendes Beispiel sein.