In einem hitzigen Streit um die kulturelle Sensibilität hat BAP-Chef Wolfgang Niedecken vehement gegen die Streichung des Begriffs „Oberindianer“ aus Udo Lindenbergs legendärem Song „Sonderzug nach Pankow“ protestiert. Bei einem Chorkonzert in Berlin wurde dieser Begriff entfernt, was Niedecken als völlig unverständlich erachtet. „Tut mir leid, mit so etwas kann ich nichts anfangen“, äußerte er sich in einem Interview mit dem Magazin „Stern“. Die Stiftung Humboldt Forum, die für die Entscheidung verantwortlich ist, begründete diesen Schritt damit, dass das Wort als diskriminierend wahrgenommen werden könnte, da es die gewaltsame Geschichte der Kolonisierung indigener Völker reflektiere, wie [Deutschlandfunk](https://www.deutschlandfunk.de/bap-chef-niedecken-lehnt-aenderung-an-lindenberg-hit-ab-100.html) berichtete.
Die Debatte um den Songtext ist nicht nur eine Frage des künstlerischen Ausdrucks, sondern wirft auch tiefere gesellschaftliche Fragen auf. Niedecken, der Lindenbergs satirischen Kommentar über den damaligen DDR-Staatschef Erich Honecker als „Oberindianer“ als absurd empfindet, sieht in der Streichung eine Form der Zensur. „Ich lehne jeden Versuch der Zensur ab“, betonte der 73-Jährige und verwies auf eigene Erfahrungen, bei denen er aufgefordert wurde, Passagen über „Cowboy und Indianer“-Spiele aus einem Buchprojekt zu entfernen.
Ein Aufschrei der Kulturschaffenden
Die Native American Association in Deutschland hat sich ebenfalls gegen die Streichung des Begriffs ausgesprochen. Die Vorsitzende erklärte, dass das Wort „Indian“ von vielen Native Americans selbst verwendet werde und ein Verbot als ein Schlag ins Gesicht dieser Menschen empfunden werden könnte. „Vor dem geschichtlichen Hintergrund betrachtet, ist es äußerst problematisch, solche Verbotsentscheidungen über die Köpfe dieser Menschen hinweg zu treffen“, kritisierte sie. Dies zeigt, wie komplex die Diskussion um Sprache und Identität ist.
Die Stiftung Humboldt Forum hatte sich nach einer offenen Diskussion mit den Chören und der künstlerischen Leitung entschieden, das Wort zu streichen. „Obwohl das Wort in der Entstehungszeit des Liedes 1983 eine metaphorische Bedeutung hatte, sind wir uns bewusst, dass es von vielen als diskriminierend und rassistisch wahrgenommen wird“, erklärte die Stiftung. Die Entscheidung fiel im Kontext von zwei geplanten Auftritten von acht Chören Mitte November in dem Zentrum für Kunst, Kultur, Wissenschaft und Bildung.
Die kulturelle Verantwortung
Die Kontroversen um die Streichung des Begriffs werfen ein Licht auf die Verantwortung, die Künstler und Institutionen in der heutigen Zeit tragen. Niedecken und viele andere Kulturschaffende sehen in der Zensur eine Bedrohung für die künstlerische Freiheit. „Wir haben nicht Cowboy und indigene Bevölkerung gespielt, wir haben Cowboy und Indianer gespielt“, so Niedecken, der die Bedeutung des kulturellen Erbes und der künstlerischen Freiheit verteidigt.
Die Diskussion um die Verwendung des Begriffs „Oberindianer“ ist nicht nur ein Streit um Worte, sondern ein Spiegelbild der gesellschaftlichen Veränderungen und der Sensibilisierung für historische Ungerechtigkeiten. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Debatte weiterentwickeln wird und welche Auswirkungen sie auf die Kunst- und Kulturszene haben könnte.