In Bonn wird das Theater zu einem Ort der tiefen Emotionen und schockierenden Wahrheiten. Die Inszenierung von Ödön von Horváths „Glaube Liebe Hoffnung“ unter der Regie von Julia Hölscher bringt die Abgründe der menschlichen Existenz auf die Bühne. Am 9. November 2024 erlebten die Zuschauer eine packende Darbietung, die sowohl zum Nachdenken anregt als auch die Absurdität der Gesellschaft offenbart. Die Geschichte beginnt mit einem skurrilen Präparator, der in einem Anatomischen Institut mit einem mintgrünen Outfit und einem Pilzkopf auftritt. Diese bizarre Figur, gespielt von Paul Michael Stiehler, tanzt und hüpft zwischen den Folienwänden, bis die Realität in Form von Elisabeth (Lena Geyer) zurückkehrt, die verzweifelt versucht, ihren Körper für die Forschung zu verkaufen, wie [nachtkritik.de](https://www.nachtkritik.de/nachtkritiken/deutschland/nordrhein-westfalen/bonn/schauspiel-bonn/glaube-liebe-hoffnung-theater-bonn-julia-hoelscher-inszeniert-horvath?womort=Bonn) berichtet.
Das Stück ist ein Justizdrama, das die grausame Realität einer Gesellschaft beleuchtet, die kleine Vergehen mit brutaler Härte bestraft, während große Vergehen oft ungestraft bleiben. Es ist eine scharfe Kritik an der Klassenjustiz und dem Ausschluss von Menschen, die in Not geraten sind. Elisabeth, die sich keinen „Wandergewerbeschein“ leisten kann, wird verhaftet und mit einer Geldstrafe belegt, die sie nicht zahlen kann. Hier kommt der Präparator ins Spiel, der ihr Geld leiht, ohne zu wissen, wofür es gebraucht wird. Diese Dynamik zeigt, wie schnell das Schicksal eines Menschen kippen kann und wie die Gesellschaft auf Schwäche reagiert.
Die Abgründe der Gesellschaft
Die Inszenierung ist geprägt von einer düsteren Atmosphäre, in der die Charaktere wie Zombies durch ihre eigenen Leben wandeln. Die blass geschminkten Mitbürger:innen, die sich auf Elisabeth stürzen, sind eine Metapher für die selbstgerechte Gesellschaft, die sich moralisch überlegen fühlt, während sie gleichzeitig die Schwächsten verachtet. Die brutalen Reaktionen auf Elisabeths Vergehen sind ein Spiegelbild der gesellschaftlichen Kälte und des Versagens von Empathie.
Horváths Figuren sind keine bloßen Karikaturen; sie sind lebendige Spiegelbilder der Realität. Sie äußern Gedanken wie: „Das seh’ ich schon ein, dass es ungerecht zugehen muss, weil halt die Menschen keine Menschen sind.“ Diese Worte verdeutlichen die Verzweiflung und die Hoffnungslosigkeit, die in der Gesellschaft herrschen. Die Inszenierung bringt diese Themen auf eine Weise zur Sprache, die sowohl schockiert als auch zum Nachdenken anregt.
Hoffnung und Solidarität
Doch inmitten all dieser Dunkelheit gibt es einen Funken Hoffnung. Der Charakter Mario, gespielt von Sören Wunderlich, repräsentiert die Solidarität unter den Ausgegrenzten. Er ist ein müder Paradiesvogel, der bereit ist, seinen letzten Kaffee zu teilen und für seine Freunde da zu sein. In einer Welt, die von Ungerechtigkeit geprägt ist, zeigt die Inszenierung, dass es auch Raum für Widerstand gibt. Hölscher interpretiert Horváths Werk so, dass die Protagonisten sich wehren dürfen, und wenn die Verantwortlichen nicht zur Rechenschaft gezogen werden, dann müssen die Betroffenen selbst aktiv werden, um ihre Situation zu verbessern, wie [nachtkritik.de](https://www.nachtkritik.de/nachtkritiken/deutschland/nordrhein-westfalen/bonn/schauspiel-bonn/glaube-liebe-hoffnung-theater-bonn-julia-hoelscher-inszeniert-horvath?womort=Bonn) zusammenfasst.
Die Inszenierung von „Glaube Liebe Hoffnung“ ist mehr als nur ein Theaterstück; es ist ein eindringlicher Kommentar zur menschlichen Natur und zur Gesellschaft, die oft die Schwächsten vergisst. Julia Hölscher gelingt es, die komplexen Themen von Hoffnung, Liebe und Enttäuschung in einer packenden Darbietung zu vereinen, die das Publikum zum Nachdenken anregt und die Abgründe der menschlichen Existenz beleuchtet.