Angesichts der sich verändernden geopolitischen Lage in Europa sieht sich die Bundesrepublik Deutschland gezwungen, ihre Verteidigungsausgaben erheblich zu steigern. Künftige Regierungen müssen mit einer neuen Kalkulation rechnen, die jährliche Verteidigungsausgaben von etwa 3,6% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in Aussicht stellt, wie Radio Gütersloh berichtet. Aktuell gibt Deutschland knapp 2,12% des BIP für Verteidigung aus, was rund 90,6 Milliarden Euro entspricht. Um jedoch die neuen NATO-Zielvorgaben zu erfüllen, bedarf es zusätzlicher finanzieller Mittel in hoher zweistelliger Milliardenhöhe.
Die Bundesregierung plane momentan, diese erhöhten Ausgaben durch Reformen und neue Fonds zu finanzieren. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich für eine Reform der Schuldenbremse ausgesprochen, um einen Deutschlandfonds für staatliche Investitionen einzurichten. Diese Vorschläge stoßen auf Widerstand, insbesondere von der Union und der FDP, die eine Lockerung der Schuldenbremse kritisch betrachten. Der Bundestagswahlkampf konzentrierte sich weitgehend auf die Beibehaltung der 2%-Quote, die nach Ausschöpfung des Sondervermögens von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr bis 2027 angestrebt wird.
NATO-Ziele und Struktur der Ausgaben
Die NATO hat kürzlich beschlossen, die Verteidigungsausgaben ihrer Mitgliedstaaten erneut zu erhöhen. Diese Anpassungen sind dem anhaltenden Konflikt in der Ukraine und der aggressiven Politik Russlands geschuldet. Deutschland hat sich jedoch bei den Berichten über seine Verteidigungsausgaben auf eine großzügige Definition verständigt. Festzustellen ist, dass Zinszahlungen für Bundesschulden, Pensionen für ehemalige Soldaten der DDR-Armee sowie rund 7,5 Milliarden Euro für die Ukraine in die Berechnungen einfließen, was die tatsächlichen Militärausgaben nach unten drückt.
Laut n-tv gibt Deutschland an, die 2%-Marke zu überschreiten, jedoch hat das Ifo-Institut prognostiziert, dass die Ausgaben 2024 nur 1,7% des BIP erreichen werden. Um die geforderte Quote endlich zu erfüllen, müsste die Bundesregierung bis zu 85 Milliarden Euro in ihrem Verteidigungshaushalt einplanen. Das hinzugerechnete Sondervermögen hat zwar geholfen, die Marke zu erreichen, doch reicht dies nicht aus, um der nationalen und internationalen Verantwortung gerecht zu werden.
Die Rolle der USA und der Druck auf Deutschland
Die neuen Zielvorgaben der NATO erinnern stark an die Forderungen des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump, der verlangte, dass alle Alliierten mindestens 5% ihres BIP für Verteidigung aufbringen sollten. Dies würde für Deutschland eine Belastung von über 200 Milliarden Euro pro Jahr bedeuten. Aktuell stellt die NATO 2% als Minimalziel auf, doch die realen Ausgaben sind durch verschiedene Kostendefinitionen und politische Begebenheiten stark verzerrt. Scholz hatte 2022 versprochen, die 2%-Hürde einzuhalten, was in den darauffolgenden Jahren jedoch nicht realisiert wurde.
Die Regierung muss sich somit laut den aktuellen Rahmenbedingungen auf eine deutlich höhere Finanzierungsnotwendigkeit einstellen. Die Finanzierung des zusätzlichen Aufwands bleibt indes unklar, was die gesamte Diskussion um die Verteidigungspolitik in Deutschland in eine kritische Phase bringt. Die Planung für künftige Fähigkeitsziele soll auf einem NATO-Verteidigungsministertreffen im Juni 2023 gebilligt werden, wobei der Planungszeitraum bis 2044 reicht.