In Georgien hat die Regierung kürzlich ein umstrittenes Gesetz verabschiedet, das die Rechte von LGBTQ+-Gemeinschaften einschränkt. Dieses Gesetz, formal bekannt als «Über Familienwerte und den Schutz von Minderjährigen», sieht vor, die „Propaganda von gleichgeschlechtlichen Beziehungen“ in Bildungseinrichtungen und Medien zu verbieten. Der Parlamentspräsident Schalwa Papuaschwili betont, dass das Gesetz dazu dient, Familien und Kinder zu schützen, und sieht Parallelen zu ähnlichen Regelungen in Russland.
Die Gesetzgebung umfasst auch strenge Regelungen gegen Geschlechtsangleichungen und das Verbot von Adoptionen durch homosexuelle Paare. Gleichgeschlechtliche Ehen, die im Ausland geschlossen wurden, werden in Georgien für ungültig erklärt. Die Regierungspartei Georgischer Traum hat diese Gesetzgebung, die im September 2023 beschlossen wurde, am 17. September durchgesetzt, während die Opposition die Abstimmung boykottierte. Präsidentin Salome Surabischwili legte kein Veto ein, nachdem sie das Gesetz nicht unterzeichnet hatte, was deutliche Spannungen innerhalb der politischen Landschaft Georgiens widerspiegelt.
Reaktionen und europäische Perspektiven
Die EU hat die neue Gesetzgebung scharf kritisiert und erwartet deren Rücknahme. Josep Borrell, der EU-Außenbeauftragte, bezeichnete das Gesetz als einen Schritt hin zur Diskriminierung und Stigmatisierung von sexuellen Minderheiten. Der Druck von Brüssel auf Tiflis ist hoch, da Georgien als Beitrittskandidat zur EU gilt und den Respekt für Menschenrechte als eine der auferlegten Bedingungen hat.
Die politische Haltung Georgiens, insbesondere die Annäherung an Russland, hat besorgniserregende Ähnlichkeiten mit der Entwicklung der Ukraine aufgezeigt. Vernünftige Politiker befürchten, dass eine Fortsetzung dieses Kurses Georgien destabilisieren und zu weiteren Konflikten führen könnte. Der Wunsch nach Frieden an den südlichen Grenzen Europas ist aufgrund möglicher Flüchtlingsströme von entscheidender Bedeutung.
Gesellschaftliche Dynamiken und zukünftige Entwicklungen
Die gesellschaftliche Stimmung in Georgien ist komplex. Einer Umfrage von 2022 zufolge unterstützen über 80% der Georgier eine EU-Mitgliedschaft, jedoch zeigt sich eine tief verwurzelte konservative Einstellung, die von der Georgisch-Orthodoxen Kirche und populistischen Strömungen innerhalb der Politik genährt wird. Ein geplanter Verfassungszusatz, der die Ehe als Vereinigung zwischen einem Mann und einer Frau definiert, könnte nach den Wahlen im Oktober 2023 verabschiedet werden. Dies lässt den Verdacht aufkommen, dass die Regierungspartei die konservativen Werte nutzt, um Wählerstimmen zu mobilisieren.
Zu den Reaktionen auf das Gesetz gehört auch der Unmut von Aktivisten über die patriotische Linie der georgischen Regierung. Über eine Gruppe von Aktivisten, verbunden mit der Helsinki-Kommission, kam es zu Unruhen in Tiflis im Dezember. Die gewaltsamen Angriffe auf die Tbilisi Pride im Juli 2023 illustrieren die angespannte soziale Lage und die Gefahren, denen die LGBTQ+-Gemeinschaft ausgesetzt ist.
Georgien steht vor der Herausforderung, einen kulturellen Wandel herbeizuführen, während gleichzeitig die Beziehungen zu Russland und die wachsenden wirtschaftlichen Abhängigkeiten aufrechterhalten bleiben sollen. Der Haupthandelsbeziehung zu Russland trägt zur Zollfreiheit für Lebensmittel und Getränke bei, was dem georgischen Budget zugutekommt und die Notwendigkeit von stabilen Beziehungen ins Spiel bringt.
Die Intensivierung der Verhandlungen zur Ukraine sowie die Destabilisierungstendenzen im Kaukasus verdeutlichen, dass Georgien sich in einem geopolitischen Spannungsfeld befindet. Die Balance zwischen dem Streben nach EU-Integration und der Bindung an konservative Werte wird in den kommenden Monaten entscheidend sein.