Die Lage für verfolgte Kunstschaffende und Journalisten in Hessen spitzt sich zu. Seit 2022 vergibt Hessen Stipendien an verfolgte Journalisten, Literaten und Künstler, doch nun wird die finanzielle Unterstützung des Programms durch das Ministerium für Wissenschaft und Kultur eingestellt. Dies betrifft unter anderem den kurdischen Journalisten Nedim Türfent, dessen Stipendium Ende Mai 2025 ausläuft. Türfent lebt mit seiner Verlobten, Özgür Sevinç Şimşek, seit Juni 2022 in Gießen, unterstützt vom Verein „Gefangenes Wort“.
Während Türfent und Şimşek in Furcht vor einer Rückkehr in die Türkei leben, wo Türfent fast sieben Jahre wegen seiner Berichterstattung über Menschenrechtsverletzungen in Haft war, hat das Ministerium seine Unzufriedenheit mit dem Stipendienprogramm geäußert und wird die Zahlungen bereits zum Ende August einstellen. Susann Franke, Projektleiterin des Vereins, sucht nach Alternativen, um das Programm fortzuführen.
Finanzielle Unterstützung in der Krise
Im Jahr 2023 und 2024 flossen rund 150.000 Euro in das Stipendienprogramm, 2025 sind es noch 100.000 Euro. Ursprünglich war vorgesehen, jährlich 20 Stipendiaten aufzunehmen, was jedoch als unrealistisch angesehen wird. Der Verein „Gefangenes Wort“ bemüht sich um Kooperationspartner, um die Unterstützung für gefährdete Künstler und Journalisten aufrechtzuerhalten. Gespräche mit dem Kulturamt der Stadt Gießen laufen bereits.
Türfent hofft auf eine Verlängerung seines Stipendiums und eine sichere Perspektive in Deutschland, um möglicher Verhaftung in der Heimat zu entgehen. Neben Türfent und Şimşek erhalten auch der russische Schriftsteller Sergei Davydov und andere Stipendiaten voraussichtlich bis Ende Juli eine weitere Stipendium-Verlängerung. Die Unsicherheit für die Betroffenen bleibt jedoch groß.
Entwicklung des HessenFonds
Im Rahmen des HessenFonds, der 2022 ins Leben gerufen wurde, können hochqualifizierte Wissenschaftler, Künstler und Studierende, die in ihrem Herkunftsland aufgrund politischer oder religiöser Verfolgung unter Druck stehen, Stipendien beantragen. Diese Förderungen sind insbesondere auf zwei Gruppen ausgelegt: Zum einen für Studierende, die herausragende Studienleistungen nachweisen können und zum anderen für Promovierende sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die über Zusagen von hessischen Hochschulen verfügen.
Die Stipendien umfassen monatliche Beträge, die je nach Förderungsart zwischen 300 Euro und 2.300 Euro liegen. Die nächste Ausschreibungsperiode läuft von April 2025 bis März 2026, mit einer Nominierungsfrist bis zum 10. Dezember 2024. Bewerbungen müssen über hessische Hochschulen erfolgen, um eine Unterstützung vom Hessischen Ministerium zu erhalten.
Diese Initiative könnte für viele gefährdete Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entscheidend sein. Doch der Rückgang der Mittel und die Ungewissheit über die Fortführung des aktuellen Programms werfen einen Schatten auf diese wichtige Unterstützung. In Anbetracht der globalen Situation ist der Schutz und die Förderung von verfolgten Kunstschaffenden und Journalisten dringender denn je.
In ähnlichem Kontext steht das europaweite Programm „Artist at Risk“, das seit 2013 politisch verfolgten Künstlern Aufenthaltsstipendien in Europa bietet. Dies zeigt das dringende Bedürfnis nach mehr solchen Initiativen, um Kulturschaffenden in Not zu helfen. Die Herausforderungen bei der Beantragung von Schengen-Visa verstärken die Gefahr, in das Herkunftsland zurückkehren zu müssen.