Antisemitismus hat in Deutschland seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 erheblich zugenommen. Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Hessen (Rias) hat dies eindringlich in einer Ausstellung an der Universität Kassel dokumentiert, die den Titel „Ja, das ist Antisemitismus!“ trägt. Susanne Urban von Rias teilte bei der Eröffnung mit, dass es seit diesem Datum tausende antisemitische Vorfälle gegeben hat. Die Ausstellung zielt darauf ab, Vorfälle wie Beschimpfungen gegenüber Juden und antisemitische Kunst, die während der documenta fifteen präsentiert wurde, ans Licht zu bringen. Es wurde betont, dass es kaum einen antisemitismusfreien Raum gebe, was die beklemmende Realität für jüdische Menschen in Deutschland verdeutlicht.
Diese Begebenheiten sind nicht neu. Insbesondere die documenta fifteen, die vom 18. Juni bis 25. September 2022 stattfand, war von einem Anstieg antisemitischer Vorfälle geprägt. Laut Rias kamen während dieser Zeit 38 antisemitische Vorfälle vor, wobei 30 direkt an den Ausstellungsorten stattfanden. Die dort gezeigten Werke, die als antisemitisch gelten, beinhalten unter anderem die Arbeiten der indonesischen Künstlergruppe Taring Padi, die mit ihrer Bildsprache negative Stereotype über Juden transportieren.
Ausschreitungen und Kunst im Fokus
Die antisemitischen Vorfälle beeinträchtigen das Sicherheitsgefühl jüdischer Menschen nicht nur in Hessen, sondern in ganz Deutschland. Zu den problematischen Kunstwerken zählen zum Beispiel die Serie „Guernica Gaza“ von Muhamad Al Hawajir, die den Staat Israel in einem negativen Licht darstellt, sowie die Arbeiten des Filmkollektivs „Subersive Film“, die Gewalt gegen Israel verharmlosen. Die Unileitung der Universität Kassel versucht, einen offenen Diskurs zu fördern, möchte sich jedoch nicht auf eine feste Definition von Antisemitismus festlegen.
Der Verband Jüdischer Studierender Hessen hat Kassel im November 2023 als Hotspot für antisemitische Vorfälle bezeichnet. Ein deutliches Zeichen für die besorgniserregende Lage: In Hessen gab es im Jahr 2023 insgesamt 127 antisemitische Vorfälle an Bildungseinrichtungen – eine beachtliche Vervierfachung im Vergleich zum Jahr 2022. Die angekündigten Zahlen für 2024 werden im Mai von Rias veröffentlicht.
Kritik und politischen Spektrum
Urban kritisierte zudem die Marginalisierung jüdischer Perspektiven durch sowohl Mitstudierende als auch Hochschullehrer. Ein weiterer Höhepunkt der Diskussion war die Meinung von Architektur-Professor Philipp Oswalt, der auf den Antisemitismus hinwies, der in verschiedenen politischen Spektren zu finden ist. Oswalt äußerte seine Bedenken über die IHRA-Definition von Antisemitismus und schlug stattdessen die Jerusalemer Erklärung von 2021 vor, welche von 200 Holocaustforschern unterzeichnet wurde.
Die Bundesregierung hat auf die steigenden antisemitischen Straftaten reagiert und sieht den Schutz jüdischen Lebens sowie die Bekämpfung von Antisemitismus als vorrangige Ziele an. Ein Bericht der Bundesregierung hebt die Notwendigkeit hervor, Wissen über Antisemitismus zu erweitern und Langzeitstudien zu entwickeln. Es wird empfohlen, verschiedene Programme zur Antisemitismusbekämpfung sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene zu intensivieren sowie die schulische Erinnerungskultur zur Shoah zu stärken.
Die besagte Ausstellung in Kassel, die bis zum 24. Februar 2025 besucht werden kann, soll dazu beitragen, dass jüdische Menschen sich in ihrem Alltag weniger durch Antisemitismus bedroht fühlen. Die Öffnungszeiten sind Montag bis Freitag von 6 bis 22 Uhr sowie Samstag von 7 bis 20 Uhr, was den Zugang zu diesem wichtigen Thema erleichtert.
[HNA] berichtet, dass die gesellschaftlichen Herausforderungen im Umgang mit Antisemitismus nach wie vor enorm sind. In Anbetracht der hohen Anzahl der Vorfälle und der bedrohlichen Stimmung, ist es entscheidend, dass Gesellschaft und Institutionen weiterhin an der Aufklärung und der Bekämpfung dieser Vorurteile arbeiten.
Die Auseinandersetzung mit Antisemitismus bleibt also nicht nur ein akademisches Thema, sondern ein gesellschaftliches Gebot, das sich durch Bildung, Diskurs und Sensibilisierung adressieren lässt.