Die Stadt Kassel sieht sich gezwungen, rund 10 Millionen Euro an Rückzahlungen für Straßenbeiträge an Anwohner zu leisten. Diese Rückzahlungen betreffen die Anlieger von über 100 Straßen, deren Sanierung vor Herbst 2019 begann. Der Hintergrund dieser Entscheidung ist ein Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH), der die Straßenbeitragssatzung der Stadt für ungültig erklärte.Tagesschau berichtet, dass die Kasseler Satzung einen Gemeindeanteil von 50 Prozent an den Kosten für die Erneuerung von Anliegerstraßen vorsah. Dies überschritt den zulässigen Rahmen des hessischen Kommunalabgabengesetzes (KAG) um einen Prozentpunkt.
Die Stadt hatte ursprünglich vor, gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel vorzugehen, doch der Antrag auf Berufung wurde abgelehnt. Bereits im September 2019 hob die Stadtverordnetenversammlung die betreffende Straßenbeitragssatzung auf. Die betroffenen Anlieger müssen sich nicht selbst um die Rückzahlung kümmern, da sie direkt von der Stadt informiert werden. Die Rückzahlungen werden voraussichtlich bis zu zwei Jahre in Anspruch nehmen.
Hintergrund zu Straßenbeiträgen
Laut § 11 des KAG haben Gemeinden das Recht, Straßenbeiträge für den Umbau und Ausbau öffentlicher Straßen, Wege und Plätze zu erheben. In Kassel hingegen wurden ausschließlich Erneuerungen und Umbauten entschädigt, während Erschließungsbeiträge ausgeschlossen blieben. Diese Regelungen haben zu massiven Rückzahlungen in der Vergangenheit geführt. Erst kürzlich wurde die Stadt zu einer Rückzahlung von etwa 30 Millionen Euro an Haushalte verurteilt, die aufgrund zu hoher Wassergebühren belastet waren.
Das KAG erlaubt es Gemeinden und Landkreisen, über Satzungen Steuern, Gebühren und Beiträge festzulegen. Dabei sind die Kommunen nicht gezwungen, Straßenbeiträge zu erheben, können jedoch, insbesondere bei defizitären Haushalten, dazu verpflichtet werden. Die gesetzliche Grundlage hierfür wurde im Sommer 2018 geändert. Seither dürfen Gemeinden selbst entscheiden, ob sie einmalige oder wiederkehrende Straßenbeiträge erheben oder auf diese verzichten wollen.Innenministerium Hessen erläutert, dass die finanzielle Belastung durch Straßenbeiträge oft als erheblich empfunden wird.
Kritik an Straßenbeiträgen
Die Straßenbeiträge stehen in der Kritik, da sie Eigentümer einseitig belasten, ohne deren tatsächliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen. Es gibt Forderungen, dass die Finanzierung von Straßen aus Steuermitteln erfolgen sollte, da sie eine grundlegende Infrastruktur darstellen. Der hessische Steuerzahlerbund hat die Abschaffung der Pflicht zur Erhebung von Straßenbeiträgen begrüßt, sieht jedoch eine potenzielle Subventionierung kritisch. Die Diskussion über die finanzielle Zukunft der Kommunen und die Erhöhung anderer Steuern bleibt aktuell, insbesondere vor dem Hintergrund, dass immer mehr Gemeinden entscheiden, Straßenbeiträge abzuschaffen.BdSt Hessen warnt, dass die Abschaffung nicht mit massiven Steuererhöhungen einhergehen sollte.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Kassel vor einer finanziellen Herausforderung steht, die weitreichende Auswirkungen auf die Anwohner und die kommunale Haushaltsplanung haben wird. Die Fragen zu den Straßenbeiträgen und deren Regelungen sind nicht nur für Kassel von Bedeutung, sondern betreffen zahlreiche Städte und Gemeinden in Hessen, die ähnliche Herausforderungen bewältigen müssen.