Die Diskussion um eine mögliche Umbenennung der Universität Kassel in „Elisabeth-Selbert-Universität“ (ESU) hat an Fahrt aufgenommen. Diese Initiative geht auf einen Vorschlag von Soziologin Jutta Allmendinger zurück, die Selbert als „Mutter des Grundgesetzes“ bezeichnet. Der anhaltende Diskurs über Selberts bedeutende Rolle bei der Verankerung der Gleichberechtigung im Grundgesetz zeigt deutlich, wie tief ihr Erbe in der deutschen Gesellschaft verwurzelt ist. Elisabeth Selbert, geboren 1896 in Kassel und verstorben 1986 in ihrer Heimatstadt, hatte nicht nur ein Mandat in der Stadt, sondern war auch maßgeblich an den feministischen Klärungen der Nachkriegszeit beteiligt. Ihr unermüdlicher Einsatz führte zur Aufnahme des Artikels „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ in das Grundgesetz.HNA berichtet, dass die Universität Kassel aktuell keine Pläne zur Namensänderung habe, da der administrative Aufwand als zu hoch erachtet werde.
Hessens Wissenschaftsminister Timon Gremmels befürwortet jedoch die Idee einer Umbenennung. Der Universität steht unterdessen unter Druck, Verantwortung zu übernehmen und sich mit den Stimmen der Öffentlichkeit auseinanderzusetzen. Politikwissenschaftler Wolfgang Schroeder sieht in Selberts gesellschaftlichen Leistungen einen großen Wert, der über ihre juristischen Beiträge hinausreichend ist. Dies spiegelt sich auch in der Reaktion auf Allmendingers Vorschlag wider, der über 250 Likes auf LinkedIn erhalten hat.
Feierlichkeiten zu Ehren Selberts
Am vergangenen Freitag gedachte der „Soroptimist International Club Kassel-Elisabeth Selbert“ dem 127. Geburtstag von Elisabeth Selbert. Die Feier fand auf dem Philipp-Scheidemann-Platz, umgeben von der Statue Selberts, statt. Hierbei wurde deutlich, welchen Stellenwert die Pionierin der Gleichberechtigung für die Stadt hat. In einer lockeren, jedoch symbolisch bedeutenden Geste wurden Pappfiguren bekannter Kasseler Frauen aufgestellt, die jedoch aufgrund des Windes einige Schwierigkeiten hatten.
Während der Feierstunde wurde zudem beschlossen, Elisabeth Selbert am 19. Oktober in die Kasseler Mall of Fame aufzunehmen. Sie erhält einen Stern, der ihre unvergänglichen Verdienste würdigt. Dieses Ereignis wird begleitet von weiteren Auszeichnungen an Persönlichkeiten wie der Schauspielerin Sabine Wackernagel und dem Oscar-Preisträger Thomas Stellmach. Eine offizielle Pressemitteilung über die Auszeichnungen wird am folgenden Tag erwartet, wodurch das Interesse an Selberts Erbe weiter angeheizt wird.
Ein gesellschaftlicher Prozess
Der Oberbürgermeister Sven Schoeller äußerte sich skeptisch zu einer Namensgebungsinitiative und betonte, dass Selbert nicht die ideale Namensgeberin sei, da die Universität Kassel keine klassische juristische Fakultät beherbergt. Diese Argumentation trifft auf Gegenwind von Wissenschaftlern wie Wolfgang Schroeder, der darauf hinweist, dass die Namensgebung Teil eines sozialen Prozesses sei und die Stadtgesellschaft aktiv einbezogen werden sollte. Zudem schlägt er vor, finanzielle Mittel durch Spenden- und Crowdfunding-Aktionen zu mobilisieren, um die Namensänderung zu unterstützen.
Der emeritierte Professor Ernst-Dieter Lantermann hingegen kritisiert die Tendenz, Einrichtungen nach Einzelpersonen zu benennen. Schroeder erwidert, dass emotionale Verbindungen zur Demokratie, wie sie Selbert verkörpert, nicht unterschätzt werden sollten. Der Dialog über Selberts Einfluss auf die Gleichberechtigung und die gesellschaftlichen Wandel der letzten Jahrzehnte bleibt somit von großer Bedeutung für Kassel und darüber hinaus.