Die Stadt Kassel versendet gegenwärtig etwa 60.000 Grundstücksabgabenbescheide, was bei den Eigentümern für Unmut sorgt. Sie sehen sich durch die neue Grundsteuerregelung höheren Zahlungen gegenüber, während einige jedoch auch von Entlastungen profitieren können. In Kassel wird im Jahr 2025 mit Einnahmen aus der Grundsteuer in Höhe von etwa 38,4 Millionen Euro gerechnet, der Betrag bleibt im Vergleich zum Vorjahr unverändert. Die Notwendigkeit dieser Grundsteuerreform resultiert aus einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das das alte Steuersystem für verfassungswidrig erklärte.
Die Auswirkungen der neuen Regelungen sind spürbar: Eigentümer älterer Immobilien berichten von Steigerungen der Grundsteuer um 30 bis 50 Prozent – in Extremfällen sogar von Verdopplungen oder Verdreifachungen. Im Gegensatz dazu erfahren neuere Gebäude tendenziell Entlastungen. Bislang sind lediglich 70 Widersprüche gegen die 60.000 versendeten Bescheide eingegangen, was eine Widerspruchsquote von etwa 10 Prozent bedeutet. Der Hebesatz für die Grundsteuer B in Kassel bleibt konstant bei 490 Prozent.
Rechtliche Rahmenbedingungen für Einsprüche
Während die Widersprüche gebührenpflichtig sind, wird empfohlen, diese nur bei nachweislich falschen Angaben einzulegen. Eigentümer haben zudem die Möglichkeit, auch außerhalb der Einspruchsfrist einen Antrag auf Änderung des Bescheids beim Finanzamt zu stellen. Oftmals resultieren Fehler in der Grundsteuerberechnung aus unzureichenden oder falschen Angaben von den Eigentümern selbst. Der Verband Haus & Grund Kassel erhielt von seinen 4.000 Mitgliedern 30 bis 40 Rückmeldungen, vor allem von Betroffenen mit höheren Steuerforderungen. Vermieter können die erhöhten Steuern auf ihre Mieter umlegen, was die finanziellen Belastungen für viele Bürger zusätzlich verstärkt.
Das hessische Grundsteuermodell hat jedoch eine geringe Berücksichtigung des Immobilienwerts zur Folge, und künftige Anpassungen bei den Bodenrichtwerten werden erst ab 2036 wirksam. Im gesamten Bundesland Hessen wurden rund 280.000 Bescheide zum Messbetrag angefochten, was einer Einspruchsquote von 10,2 Prozent entspricht. Ein Beispiel für die Verunsicherung bei den Eigentümern liegt darin, dass die Stadt Kassel die neuen Bescheide nicht umfassend auf Plausibilität überprüft hat.
Rechtsstreitigkeiten im Kontext der Grundsteuerreform
Der Protest gegen die neue Grundsteuer erstreckt sich über das gesamte Bundesgebiet. Erste Klagen wurden bereits Ende 2022 in Bundesländern wie Baden-Württemberg eingereicht, um die Verfassungsmäßigkeit der neuen Regelungen zu klären. Zwischenzeitlich entschied das Finanzgericht Baden-Württemberg am 11. Juni 2024, dass das neue Landesgrundsteuergesetz verfassungsgemäß ist, ein Urteil, gegen das Revision an den Bundesfinanzhof zugelassen wurde. Weitere Musterprozesse sind in Vorbereitung, insbesondere in Berlin und Rheinland-Pfalz.
Ein Rechtsgutachten von Professor Gregor Kirchhof stellt in Frage, ob das Bundesmodell verfassungsgemäß ist. Bedenken hierbei sind, dass die Bodenrichtwerte nicht vergleichbar und die Pauschalierungen nicht den individuellen Umständen der Eigentümer gerecht werden. Bislang gibt es in mehreren Bundesländern höchst unterschiedliche rechtliche Auffassungen bezüglich der Grundsteuer, und es bleibt ungewiss, ob Einsprüche und Klagen für die Eigentümer persönlich vorteilhaft sein werden.
Die Reform und die damit einhergehenden rechtlichen Auseinandersetzungen werden die Grundsteuersituation in Deutschland wohl noch bis 2025 prägen und dazu führen, dass viele Eigentümer weiterhin auf Klärungen und Anpassungen warten müssen.