In Deutschland sehen sich Lehrkräfte unter einem wachsenden Druck, der vor allem durch die Folgen der COVID-19-Pandemie verstärkt wurde. Drei anonyme Lehrer aus der Region Kassel teilen nun Einblicke in ihren Schulalltag. Laut der Robert-Bosch-Stiftung fühlt sich mehr als die Hälfte der Lehrkräfte überfordert, was die Situation an Schulen zusätzlich belastet.
Thorsten Langenfeld, der an einer Berufsschule und einem beruflichen Gymnasium unterrichtet, beschreibt die Herausforderungen als gravierend. Die großen Leistungsgefälle und überfüllten Klassen tragen zu einem stressigen Arbeitsumfeld bei. Er schlägt vor, Klassen bereits bei 26 statt 32 Schülern aufzuteilen, um die Situation zu entlasten. Während am beruflichen Gymnasium weniger Disziplinprobleme auftreten, sind diese an der Berufsschule häufiger zu beobachten. Besonders seit der Pandemie sei ein Anstieg von Disziplin- und Konzentrationsschwierigkeiten festzustellen.
Psychische Belastungen unter Schülern
Die Auswirkungen der Pandemie auf die psychische Gesundheit der Schüler sind alarmierend. Alexandra Hornig, die an einer gymnasialen Oberstufe unterrichtet, berichtet von einem signifikanten Anstieg psychischer Probleme. Schüler ziehen sich zurück und zeigen kontaktvermeidendes Verhalten. Konzentrationsschwierigkeiten und der Drang, schnelle Lösungen zu finden, sind häufige Beobachtungen. Zusätzlich haben organisatorische Aufgaben, wie die Entwicklung von Gewaltpräventionskonzepten, zugenommen, was die hohe Arbeitsbelastung der Lehrkräfte noch verstärkt, besonders in den Monaten Mai und Juni.
Die COPSY-Studie hat gezeigt, dass psychische Auffälligkeiten bei Schülern aller Schulformen zugenommen haben. Es wird berichtet, dass Grundschüler besonders betroffen sind, mit einem Anstieg von 16,9% prä-pandemisch auf 40,0% während der Pandemie. Auch Lehrkräfte an Haupt-, Real- und Gesamtschulen berichten von einem Anstieg psychischer Belastungen unter ihren Schülern. Der Unterstützungsbedarf der Familien blieb durchgängig hoch, besonders in Zeiten von Schulschließungen und Lernschwierigkeiten.
Vorbereitung auf die Zukunft
Yannik Wiechert, Lehrer an einer Gesamtschule, sieht eine zunehmende Notwendigkeit, soziale Probleme wie Cyber-Mobbing zu lösen. Pädagogische Konferenzen und Diagnosen zur Feststellung von Förderbedarf sind angestiegen. Auch er beobachtet eine verschlechterte schulische Atmosphäre, die sich durch Vandalismus und unhygienische Zustände äußert.
Der Deutsche Lehrerverband fordert dringend eine Entlastung der Lehrkräfte durch die Schaffung multiprofessioneller Teams, die Arbeit von Verwaltungsfachkräften sowie externen IT-Support, um die organisatorischen Belastungen zu verringern. Programme zur Stressbewältigung sollen zusätzlich gefördert werden. Jedoch steht der Fachkräftemangel als großes Hindernis im Raum, das die Umsetzung dieser Maßnahmen erschwert.
Die Situation ist nicht nur eine Herausforderung für Lehrkräfte, sondern betrifft auch die Schüler direkt. Die psychischen Belastungen, die viele Kinder und Jugendliche erleben, bedürfen einer dringend besseren Unterstützung. Schulen sind aufgefordert, Konzepte zur Förderung der mentalen Gesundheit zu etablieren und mehr personelle Ressourcen in diesem Bereich bereitzustellen.
Die langfristigen Folgen dieser Belastungen sind alarmierend. Fast ein Viertel der Schüler zeigt Symptome psychischer Erkrankungen, was einschneidende Auswirkungen auf deren zukünftige Entwicklung haben könnte. Der Bedarf an nachhaltigen Lösungen und präventiven Maßnahmen bleibt dringend bestehen, um Kindern und Jugendlichen eine gesunde Schulzeit zu garantieren.