Nicole Rathgeber, die seit dem 1. Januar 2022 als Landrätin des Werra-Meißner-Kreises im Amt ist, wird am 1. Januar 2025 die zweite Hälfte ihrer sechsjährigen Amtszeit antreten. In einem aktuellen Interview äußerte sie sich zu den Herausforderungen, mit denen der Landkreis konfrontiert ist, insbesondere im Hinblick auf finanzielle Schwierigkeiten.
Der Nachtragshaushalt für 2024 weist ein Defizit von 24 Millionen Euro auf, und für 2025 wird ein Minus von 17 Millionen Euro prognostiziert. Rathgeber betonte, dass 75 % der Kosten im Landkreis auf Pflichtaufgaben entfallen, die unzureichend finanziert sind. Ein weiteres strukturelles Problem sei das Fehlen ausreichender Steuereinnahmen, gepaart mit zu vielen Pflichtaufgaben von Bund und Land.
Finanzielle Herausforderungen und soziale Aspekte
Das größte Defizit im Haushalt verzeichnet der Sozialbereich, in dem die steigenden Fallzahlen und höheren Standards zu einer erhöhten finanziellen Belastung führen. Aktuell leben zwischen 800 und 900 Flüchtlinge im Werra-Meißner-Kreis, wobei die Finanzierung für diese Herausforderung als unzureichend beschrieben wird. Zudem wird versprochenes Geld vom Land für Flüchtlingskosten nicht weitergeleitet, was das Haushaltsloch um 2,5 Millionen Euro vergrößert.
In Bezug auf die Gesundheitsversorgung äußerte Rathgeber, dass die Krankenhausreform des Bundes Verbesserungen in der ländlichen Krankenhauslandschaft bringen soll. Allerdings wird Klarheit über Fachrichtungen benötigt, um die Versorgung zu optimieren. Auch der Erhalt der Geburtenstation in Eschwege, trotz niedriger Geburtenzahlen, wird als Teil des Daseinsvorsorgeauftrags betont. Die Notwendigkeit einer flächendeckenden ärztlichen Versorgung und der Zugang zur Telemedizin sind weitere wichtige Punkte.
Auf der wirtschaftlichen Seite berichtet Rathgeber von einer Stagnation in der Wirtschaftsförderung, weshalb eine neue Strategie für Angebote entwickelt werden müsse. Die Stelle des Geschäftsführers der Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WFG) ist gegenwärtig vakant, wodurch ein Nachfolger gesucht wird. Positiv hebt sie jedoch die Erfolge in der Verwaltung hervor, darunter die Effizienzsteigerung und die Verbesserung der Bürgerfreundlichkeit.
Ein weiterer Punkt betrifft die Digitalisierung der Verwaltung, die sich als herausfordernd gestaltet. Das Ziel ist die Schaffung eines digitalen Zwillings der Kreisverwaltung. Dennoch steht der Social-Media-Auftritt der Verwaltung noch aus, wobei Datenschutzprobleme die Umsetzung erschweren. Rathgeber betont, dass es notwendig sei, die Vorteile des Landkreises besser zu kommunizieren und dessen Sichtbarkeit zu erhöhen.
Nicole Rathgeber, geboren 1983 in Eschwege, stammt aus Wanfried und lebt in Grebendorf. Vor ihrer politischen Karriere war sie Teamleiterin bei der Arbeitsagentur in Kassel. Bei den Kommunalwahlen 2021 war sie für die ÜWG-Meinhard in der Ortsbeiratswahl in Grebendorf aktiv. Bei der Landratswahl im Werra-Meißner-Kreis musste sie sich in einer Stichwahl gegen Friedel Lenze (SPD) durchsetzen und wurde schließlich mit 59,74 % der Stimmen zur ersten Landrätin in der Geschichte des Landkreises gewählt, wie Wikipedia berichtet.