Ein 21-Jähriger wurde in Marburg wegen eines Überfalls auf eine Tankstelle in Kirchhain im Mai 2023 verurteilt. Der Angeklagte, der unter hebephrener Schizophrenie leidet, stach mit einem 14-Zentimeter-Küchenmesser auf einen Mitarbeiter der Tankstelle ein, ohne eine Geldforderung zu stellen. Dieser Vorfall wird als gefährliche Körperverletzung in Tateinheit mit versuchtem besonders schweren Raub gewertet. Der Vorsitzende Richter Gernot Christ stellte jedoch fest, dass der Angeklagte im Zustand der Schuldunfähigkeit handelte, da seine Wahrnehmung und Reaktionsfähigkeit stark eingeschränkt waren. Die Staatsanwaltschaft hatte ursprünglich einen versuchten Mord angenommen, doch es wurde keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine Tötungsabsicht festgestellt.
Die psychiatrische Gutachterin, die den Angeklagten im Rahmen des Verfahrens begleitete, erklärte, dass seine Schizophrenie, die vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen auftritt, die Hauptursache für die brutale Tat darstellt. Die Erkrankung beeinträchtigt das Denken, Fühlen und die Wahrnehmung des Individuums erheblich. Symptome können unter anderem Denkstörungen, Halluzinationen und emotionale Störungen umfassen, die auch bei der hebephrener Schizophrenie häufig anzutreffen sind. Der Angeklagte hatte während des Übergriffs Boxershorts zur Maskierung verwendet und war direkt und ohne Vorwarnung auf den Tankstellenmitarbeiter losgegangen.
Hebephrene Schizophrenie im Fokus
Die hebephrener Schizophrenie wird oftmals im späten Jugendalter oder frühen Erwachsenenalter diagnostiziert. Ärzte vermuten, dass eine Dysbalance der Neurotransmitter, wie Dopamin und Serotonin, zur Entstehung der Krankheit führt. Die Symptome setzen häufig vor dem 25. Lebensjahr ein und führen zu gravierenden Störungen in der Wahrnehmung sowie im sozialen Verhalten. Häufig beobachten Fachleute eine verflachte Affektivität oder unangemessene Reaktionen, die den Betroffenen in sozialen Interaktionen erheblich beeinträchtigen.
Die zuständige Gutachterin betonte, dass die Einsichtsfähigkeit des Angeklagten während der Tat aufgehoben war und er zudem eine hohe Gefahr für die Allgemeinheit darstellt. Des Weiteren leidet der Beschuldigte an Abhängigkeiten von Alkohol und Cannabis, die jedoch nicht als Ursachen für seine Schizophrenie gelten. Im Rahmen des Urteils einigten sich die Staatsanwaltschaft und der Verteidiger darauf, dass der Angeklagte in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht wird, um dort eine umfassende Therapie zu erhalten.
Beide Seiten verzichteten auf Rechtsmittel gegen die Entscheidung. Diese Einigung spiegelt den Konsens der Beteiligten wider, dass eine bevorstehende Therapie die geeignete Maßnahme für den Angeklagten darstellt, um sich mit seiner Erkrankung auseinanderzusetzen und potenzielle Rückfallrisiken zu minimieren.
Die Behandlungsmöglichkeiten für Schizophrenie sind vielfältig und variieren von medikamentöser Therapie mit Neuroleptika bis hin zu Psychotherapie und ergotherapeutischen Maßnahmen. Eine komplexe und interdisziplinäre Herangehensweise ist oft entscheidend, um den Patienten in den Alltag zu reintegrieren und ihre Lebensqualität zu verbessern. Einrichtungen wie das Jüdische Krankenhaus bieten Behandlungen gemäß aktueller wissenschaftlicher Standards in einem multiprofessionellen Team an.