Mit Beginn des Jahres 2025 trat in Hessen eine weitreichende Reform der Grundsteuer in Kraft, die sowohl Eigentümer als auch Kommunen vor große Herausforderungen stellt. Millionen von Grundsteuerbescheiden wurden in diesem Zuge versendet, was zu zahlreichen Einsprüchen und Diskrepanzen zwischen den neuen Sätzen und den bisherigen führte. Hessenschau berichtet, dass allein in Hessen rund 280.000 Einsprüche gegen die neuen Grundsteuerbescheide eingegangen sind. Dies entsprich etwa 10% der über 2,7 Millionen verschickten Bescheide.
Ein Beispiel ist Erich Jöckel, ein 70-jähriger Eigenheimbesitzer aus Dreieich, der mit seinem Mehrfamilienhaus in Mühlheim von der Reform stark betroffen ist. Nach der Einführung der neuen Regelungen soll Jöckel nun jährlich etwa 1.520 Euro Grundsteuer zahlen, was im Vergleich zu vorher 490 Euro eine drastische Erhöhung darstellt. Jöckel legte 2022 Einspruch gegen den Grundsteuermessbescheid des Finanzamtes Offenbach ein, da er den Bodenrichtwert für überhöht hielt. Das Finanzamt hat zwar den Eingang seines Einspruchs bestätigt, jedoch bislang keine weitere Reaktion gezeigt.
Einsprüche und Hebesätze in Hessen
Die große Anzahl an Einsprüchen zeigt das Unbehagen vieler Bürger gegenüber den neuen Regelungen. Nach Angaben von Hessen.de erhielt das Finanzamt mehrere hundert Anrufe sowie zahlreiche schriftliche Widersprüche, insbesondere in den Kommunen mit stark erhöhten Hebesätzen. Der Bund der Steuerzahler Hessen stellte fest, dass 60% der Kommunen ihre Hebesätze über die Empfehlungen des Landes hinaus angehoben haben. Heusenstamm führt mit dem höchsten Hebesatz von 1.327 Punkten, gefolgt von Löhnberg, wo eine Erhöhung um 131% stattfand.
Darüber hinaus plant die Stadt Lindenfels, ihren Hebesatz um mehr als 380 Punkte auf 990 zu erhöhen, um zusätzliche Einnahmen in Höhe von 1,9 Millionen Euro zu generieren. In diesem Kontext rät Younes Frank Ehrhardt, Geschäftsführer des Eigentümerverbands Haus und Grund, nur in bestimmten Fällen Einspruch einzulegen, da viele Einsprüche möglicherweise keinen Erfolg haben könnten.
Hintergründe der Reform
Die Grundsteuerreform in Hessen folgt einem Systemwechsel von einer wertabhängigen zu einer wertunabhängigen Grundsteuer. Der neue Bescheid über den Grundsteuermessbetrag wird auf Basis verschiedener Parameter wie Bodenfläche, Wohn- oder Nutzungsfläche und Lage des Grundstücks ermittelt. Während große Grundstücke und Gebäude tendenziell mehr Grundsteuer zahlen, geschieht dies gemäß einem so genannten Flächen-Faktor-Verfahren. Dieses Verfahren hat zur Folge, dass Unterschiede zwischen alten Einheitswerten und neuen Grundsteuermessbeträgen auftreten können, und das sowohl nach oben als auch nach unten.
Für die Ermittlung des Bodenrichtwerts, der einen zentralen Faktor bei der Grundsteuerberechnung darstellt, ziehen Gutachterausschüsse verschiedene Daten heran. Diese Werte sind über das Portal Boris Hessen kostenlos abrufbar. Jöckel selbst hat die gestiegenen Grundsteuerbeträge bereits überwiesen und beabsichtigt, diese über die Nebenkosten an seine Mieter weiterzugeben. In der politischen Diskussion fordern Verbände wie Haus und Grund eine Grundsteuerbremse sowie Härtefallregelungen, um die finanziellen Belastungen für Eigentümer zu mildern.