In Deutschland stehen über 8.000 Menschen auf der Warteliste für ein Spenderorgan, während jährlich nur etwa 900 Menschen zu Organspendern werden. Dies stellt ein drängendes Problem im Gesundheitswesen dar, das auch in den Ländern Rheinland-Pfalz und Hessen, die in Bezug auf Organspenden unter dem Bundesdurchschnitt liegen, besonders spürbar ist. Diese Informationen wurden von der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) auf der Jahrestagung in Mainz präsentiert. Gesundheitsminister Clemens Hoch hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass es signifikante Unterschiede zu östlichen Bundesländern gibt, wo die Organspenderate traditionell höher ist.
Ein historischer Rückblick zeigt, dass in der ehemaligen DDR die Widerspruchslösung galt und Organspende gesellschaftlich anerkannt war. Dies steht im Kontrast zu der aktuellen Situation, in der die meisten Entscheidungen zur Organspende selbst von den potenziellen Spendern getroffen werden. Wo keine Entscheidung gefasst wird, müssen die Angehörigen entscheiden – und statistisch gesehen entscheiden sich diese häufig gegen eine Organspende. Häufige Gründe für diese Ablehnung sind mangelnde Informationen und eine grundsätzlich ablehnende Haltung gegenüber der Organspende.
Die Widerspruchslösung: Ein Lösungsansatz?
Die Idee einer Widerspruchslösung wird in Deutschland sowohl politisch als auch gesellschaftlich diskutiert. Gesundheitsminister Karl Lauterbach bezeichnet die Widerspruchslösung als „alternativlos“, um die Organspenderate zu erhöhen. Der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann plant, einen Gesetzesantrag zur Einführung einer solchen Regelung im Bundesrat einzubringen. Der Ansatz der Widerspruchslösung sieht vor, dass alle Menschen als Organspender gelten, sofern sie nicht ausdrücklich widersprechen.
Dennoch gibt es auch kritische Stimmen zu dieser Regelung. Während Länder wie Spanien mit einer Widerspruchslösung eine deutlich höhere Spenderquote von 48,9 pro Million Einwohner haben, liegt die Quote in Deutschland nur bei 11,4. Kritische Analysen zeigen, dass die organtransplantationsrelevanten Statistiken zwischen Ländern mit unterschiedlichen Regelungen keinen signifikanten Unterschied in den Organspenderaten belegen. So kam eine Studie von 2019 zu dem Ergebnis, dass der Wechsel zur Widerspruchslösung in fünf Ländern nur zu einer marginalen Erhöhung der Spenderate führte.
Aktuelle Zahlen und gesamtgesellschaftliche Herausforderungen
Im Jahr 2024 wurden in Deutschland 2.854 Organe postmortal entnommen, was einen leichten Rückgang im Vergleich zu 2023 darstellt. Die meisten Entnahmen betrafen Nieren (1.391), gefolgt von Lebern (785) und Herzen (315). Trotz der Hilfe, die 2.902 schwer kranken Menschen durch Organspenden zuteil wurde, war nur ein geringer Teil der potenziellen Spender (15,3%) im Vorfeld der Entnahme bereit, ihre Zustimmung zu geben.
Axel Rahmel, medizinischer Vorstand der DSO, hebt die Notwendigkeit einer umfassenden Aufklärung und Schulung des Klinikpersonals hervor, um die Organspendezahlen zu steigern. Ein Kulturwandel in der Gesellschaft hin zu einer offeneren Einstellung zur Organspende sei entscheidend, um die Situation nachhaltig zu verbessern.
Die Debatte um die Widerspruchslösung und die damit verbundenen strukturellen und gesellschaftlichen Faktoren bleibt ein aktuelles Thema. Es wird deutlich, dass eine alleinige Veränderung der gesetzlichen Regelungen nicht ausreicht, um die Organspenderate signifikant zu erhöhen. Vielmehr müssen auch kulturelle Barrieren und Informationsdefizite abgebaut werden, um die Chance auf ein Leben durch Organspende für viele Wartende zu verbessern. Dies berichtet unter anderem Antenne Mainz, Tagesschau und Apotheken Umschau.