Die Stadt Wiesbaden darf nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden eine Wassersverbrauchssteuer, auch bekannt als „Wassercent“, einführen. Dieses Gerichtsurteil (Aktenzeichen: 7 K 941/24.WI) stellt eine bedeutende Wende dar, nachdem das Hessische Innenministerium zuvor die Einführung der Steuer untersagt hatte. Die Entscheidung, die die Stadtverordnetenversammlung Wiesbaden im Dezember 2023 mit Stimmen von SPD, Grünen, Linken und Volt getroffen hatte, bietet die rechtliche Grundlage für die neue Regelung.
Die Wasserverbrauchssteuer wird mit 90 Cent pro 1.000 Litern Trinkwasser berechnet und gilt ab dem ersten Liter. Die Stadt erhofft sich durch diese Maßnahme zusätzliche Einnahmen in Höhe von rund 16 Millionen Euro, um ein bestehendes Haushaltsdefizit zu decken. In der Argumentation der Kommunalaufsicht, die gegen die Steuer war, wurde angemerkt, dass im Wasserrecht keine Regelung für eine Wassersteuer vorhanden sei und dass die Stadt mit Wassergebühren keine Gewinne erzielen dürfe. Dennoch wies das Verwaltungsgericht diese Argumente zurück und betonte die Notwendigkeit der Wasserersparnis, insbesondere vor dem Hintergrund der in den vergangenen Jahren zunehmenden Trockenheitsphasen, die auch die Alltagsbewässerung betroffen haben.
Rechtliche Rahmenbedingungen
Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig, da eine Berufung zum Hessischen Verwaltungsgerichtshof möglich ist. Sollte das Land Hessen nicht in Berufung gehen, könnte die Stadtverordnetenversammlung entscheiden, wann der Wassercent tatsächlich erhoben wird. Die Kommunalaufsicht hatte auch darauf hingewiesen, dass einkommensschwache Haushalte von der Steuer möglicherweise überproportional belastet werden könnten. Das Verwaltungsgericht entschied jedoch, dass die Steuer keine „erdrosselnde Wirkung“ hat und lebensnotwendige Güter wie Trinkwasser grundsätzlich nicht von einer Besteuerung ausgeschlossen seien.
Die Stadt Wiesbaden sah sich in der Vergangenheit mit Vorwürfen über überhöhte Wasserpreise konfrontiert, was zu einem Streit zwischen 2007 und 2011 führte. Der Konflikt wurde 2025 außergerichtlich beigelegt, wobei den Bürgern Rückzahlungen in Höhe von 17,5 Millionen Euro zugestanden wurden. Angesichts dieser Historie wird die Einführung des Wassercent mit einer gewissen Skepsis betrachtet, sowohl seitens der Bürger als auch von Seiten der Kommunalaufsicht.
Ein Schritt in Richtung Klimaanpassung
Der Klimawandel birgt Herausforderungen für die gesamte Wasserwirtschaft, nicht nur in Wiesbaden. Entwicklungen auf EU-Ebene, wie die bevorstehende Novellierung der Kommunalabwasserrichtlinie, rücken die Notwendigkeit einer effektiven Klimaanpassung verstärkt in den Fokus. Maßnahmen zur Verbesserung des Gewässerschutzes und zur Anpassung der Wasserwirtschaft an die klimatischen Veränderungen sind unerlässlich, um die Lebensqualität der Bürger zu sichern. Die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) fordert eine pragmatische Umsetzung dieser Maßnahmen ohne nationale Verschärfungen.
Insgesamt zeigt der Fall Wiesbaden, wie komplex die Herausforderungen im Bereich der Wasserwirtschaft sind und wie notwendig es ist, auf nachhaltige Lösungen zu setzen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die rechtlichen Auseinandersetzungen entwickeln und welche konkreten Schritte die Stadt Wiesbaden nach dem Urteil unternehmen wird.
Für weitere Informationen zu den wasserwirtschaftlichen Herausforderungen im Kontext des Klimawandels empfiehlt sich ein Blick in die DWA Presseinformationen, die sich eingehend mit nötigen Maßnahmen und deren Finanzierung befassen.