In dieser Woche kommt es zu massiven Zugausfällen zwischen Wiesbaden und Koblenz. Laut dem privaten Bahnbetreiber Vias sind die Gründe hierfür auf einen akuten Personalmangel zurückzuführen. Insbesondere die RheingauLinie verkehrt auf der rechten Rheinseite bis Freitag nur einmal pro Stunde zwischen 12 und 20 Uhr. Die Deutsche Bahn erläutert, dass ein überdurchschnittlich hoher Krankenstand im Stellwerk Oberlahnstein für die angespannte Personalsituation verantwortlich ist. Denn dieses Stellwerk steuert den gesamten Zugbetrieb zwischen Wiesbaden und Niederlahnstein.
In Reaktion auf die Situation hat die Deutsche Bahn bereits Maßnahmen ergriffen. Derzeit wird aktiv nach neuen Mitarbeitenden für das Stellwerk Oberlahnstein gesucht. Die Personalabteilung setzt dabei auf Werbekampagnen, wöchentliche Bewerbertage und sogar „Speeddating-Formate“, um Nachwuchskräfte zu gewinnen. Daneben wurden die Ausbildungskapazitäten massiv ausgeweitet, mit fast 2.000 Umschulungen und 850 neuen Azubis pro Jahr.
Praktische Auswirkungen der Personalknappheit
Ab sofort fallen in Koblenz zudem die Hälfte aller Fernzüge aus, was eine direkte Reaktion auf die instabile Personalsituation darstellt. Das Ziel der Deutschen Bahn ist es, sowohl die Stabilität des Betriebs zu erhöhen als auch die Personalsituation bis Ende 2025 zu stabilisieren, um einen regulären Bahnverkehr auf der rechten Rheinseite zu gewährleisten. Aktuell werden drei neue Mitarbeitende im Stellwerk Oberlahnstein eingearbeitet, die im Frühjahr ihre Tätigkeit aufnehmen sollen.
Die Problematik ist nicht isoliert: Häufig kommt es zu Zugausfällen in Hessen aufgrund unbesetzter Stellwerke, was auf einen allgemeinen Fachkräftemangel bei Zugverkehrssteuerern hinweist. In Hessen sind 442 Stellwerke im Einsatz, und der demografische Wandel fördert die Herausforderung weiter, da mehr Mitarbeitende in Rente gehen, als neue Fachkräfte nachkommen. Schichtdienste und die Unbekanntheit des Berufs wirken abschreckend auf potenzielle Auszubildende.
Die breitere Perspektive
Der Fachkräftemangel im öffentlichen Verkehr ist ein zentrales Thema im gesamten Land. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) hebt hervor, dass jedes zweite Verkehrsunternehmen in den letzten Jahren den Fahrbetrieb aus personellen Gründen eingeschränkt hat. Diese Herausforderungen, verstärkt durch politische Sparvorgaben in der Vergangenheit, könnten die Erreichung der Klimaziele bis 2030 gefährden. Die Branche muss bis zu 8.000 Fahrer*innen jährlich gewinnen, um dem wachsenden Bedarf an Bus- und Bahnangeboten gerecht zu werden.
Im Jahr 2022 haben 82 Prozent der Verkehrsunternehmen mehr Personal eingestellt als im Vorjahr, doch dennoch bleibt die Besetzung von Fahrdienstpositionen die größte Herausforderung. 77 Prozent berichten von einer Verschlechterung der Qualifikation der Bewerber*innen. Der VDV plant, das Berufsbild von Busfahrern aufzuwerten und neue Zielgruppen für den Beruf zu gewinnen, wobei Teilzeitmodelle und eine Flexibilisierung der Ausbildungen als wichtige Maßnahmen gelten.
Diese Entwicklungen zeigen auf, dass die Situation im Personalbereich der Deutschen Bahn und anderer Verkehrsunternehmen nicht nur eine lokale Herausforderung darstellt, sondern Teil eines umfassenderen Problems ist, das die zukünftige Mobilität in Deutschland maßgeblich beeinflussen könnte.