Forschende aus Bonn und international haben einen bedeutenden Fortschritt im Verständnis der bipolaren Störung erzielt. Sie untersuchen das Genom von über 150.000 Menschen, um die genetischen Grundlagen dieser Krankheit besser zu verstehen. Laut kabinett-online.de spielt die genetische Veranlagung eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von bipolaren Störungen. Diese Forschung ist Teil einer umfassenden genomweiten Assoziationsstudie (GWAS) des Psychiatric Genomics Consortiums und ist die größte ihrer Art.
Die Studie analysiert Daten von Personen mit europäischer, ostasiatischer, afroamerikanischer und lateinamerikanischer Abstammung. Schätzungen zufolge sind weltweit etwa 40 bis 50 Millionen Menschen betroffen von dieser schweren psychischen Erkrankung, die oft negative Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen hat und ein erhöhtes Suizidrisiko birgt.
Wichtige Entdeckungen
Die Studie identifizierte 298 Genomregionen, die das Risiko für bipolare Störungen erhöhen. Davon wurden 267 neu entdeckt, was darauf hindeutet, dass die Erforschung der genetischen Grundlagen der Krankheit noch viele Hinweise bereithält. Besonders bemerkenswert ist die Entdeckung einer neuen Risikoregion, die speziell in ostasiatischen Stichproben identifiziert wurde. Zudem stehen 36 Gene im Verdacht, für die bipolare Störung relevant zu sein. Ein weiteres zentrales Ergebnis der Studie sind die identifizierten genetischen Unterschiede zwischen verschiedenen klinischen Ausprägungen der Erkrankung.
Die Ergebnisse, die im Fachjournal „Nature“ veröffentlicht wurden, deuten darauf hin, dass unterschiedliche Nervenzelltypen im Gehirn sowie Zellen außerhalb des Gehirns eine wesentliche Rolle bei der Entstehung der Erkrankung spielen. Die Forschung wurde von über 800 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus mehr als 150 Institutionen in über 40 Ländern durchgeführt, darunter relevante Institutionen im deutschsprachigen Raum wie die Universität Bonn und das Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim.
Zusammenarbeit und Förderung
Die Studie wurde vom US-amerikanischen National Institute of Mental Health gefördert und stellt einen bedeutenden Fortschritt in der psychiatrischen Forschung dar. Neben den groß angelegten genomischen Analysen hat die internationale Kooperation auch zu weiteren relevanten Entdeckungen geführt. So identifizierte eine andere genomweite Assoziationsstudie das Gen SESTD1 als neuartiges Risikogen für lithium-reaktive bipolare Störungen, was einen weiteren Einblick in die genetische Dimension der Krankheit gibt (pubmed.ncbi.nlm.nih.gov).
Zusätzlich zeigt die Forschung, dass bei der Entwicklung der bipolaren Störung auch Umweltfaktoren wie frühkindliche traumatische Erfahrungen, ein stressiger Lebensstil und Drogenkonsum eine Rolle spielen. Es wird geschätzt, dass 60-85% des Risikos durch genetische Faktoren bedingt sind (uni-bonn.de).
Diese umfassende Studie bietet nicht nur wertvolle Einblicke in die Biologie der bipolaren Störung, sondern könnte auch Perspektiven für neue therapeutische Ansätze eröffnen, insbesondere durch die Untersuchung von Kalziumkanälen, die eine zentrale Rolle in der neuronalen Kommunikation spielen. Die Erkenntnisse aus diesen Forschungen könnten dazu beitragen, gezielte Behandlungen für die Millionen von Menschen zu entwickeln, die unter dieser Erkrankung leiden.