Am 16. Januar 2025 fand in Gütersloh der erste „OstwestFälle“-True-Crime-Event mit Johannes Glaw, Stadtarchäologe, statt. Hierbei wurde das Thema der Räuber und Räuberbanden in Ostwestfalen-Lippe (OWL) im 18. Jahrhundert ausführlich behandelt. In dieser Zeit führen soziale Unruhen und die Nachwirkungen der Französischen Revolution zu einem Anstieg an Räuberbanden, die als Reaktion auf die weitverbreitete Armut in ländlichen Regionen entstehen.
Besonders auffällig war, dass viele Verbrechen in dieser Ära nicht angezeigt oder nur unzureichend verfolgt wurden. Das zugrunde liegende rechtliche System, die „Constitutio Criminalis Carolina“, scheiterte darin, eine wirksame Strafverfolgung zu gewährleisten. Verurteilte hatten die Möglichkeit, sich durch eine Meldung zur preußischen Armee von ihren Strafen freizukaufen. Die Kleinstaaterei in OWL erschwerte die Situation zusätzlich: Zehn Territorialherren mit unklaren Zuständigkeiten boten einen Nährboden für Kriminelle, die weitgehend ungehindert zwischen den Gebieten wandern konnten, um den Strafverfolgungsbehörden zu entkommen.
Räuberbanden im Rampenlicht
Die Verbreitung von Räuberbanden war in OWL eng verknüpft mit sozialen Unruhen und strukturellen Problemen. Ex-Soldaten und andere Kriminelle schlossen sich zusammen, um ihre eigenen Regeln aufzustellen. Ein prägnantes Beispiel aus dieser Zeit ist der brutale Raubmord von Heinrich Böger im Jahre 1794 im Kreis Lippe, der schließlich zu seiner Hinrichtung führte.
Zusätzlich zu den Erzählungen von Böger, ist auch die Figur des Philipp Gehring von Bedeutung. Dieser notorische Räuberführer, geboren im Jahr 1740, wurde am 6. Dezember 1782 in Bielefeld hingerichtet, nachdem er sich wiederholt der Justiz entzogen hatte. Die Brüder Irmann, bekannt als „Galgenvögel“, sind ebenfalls ein Teil dieser brutalen Geschichte, da sie aufgrund ihrer zahlreichen Raubzüge in der Region gefürchtet waren und schließlich ebenfalls hingerichtet wurden.
Die Strukturen der Räuberbanden
Trocken und erschreckend waren die Landschaft der Verbrechen nicht nur auf die bloßen Raubzüge beschränkt. Räuberbanden organisierten sich und schufen unbekannte Strukturen miteinander verbundenen Unterkünften, wo sie sich vor der Polizei verstecken konnten. In Städten wie Düsseldorf und Köln gab es eine Vielzahl an Verstecken, wo Räuber Zuflucht fanden, Unterstützung erhielten und oft auch ein Teil ihrer Beute abgeben mussten. Diese Schlupfwinkel waren nicht nur sicher, sondern dienten gleichzeitig als Kommunikationszentren, vor allem für kranke oder verwundete Bande.
Die Diebesherberge von Hans Bast Nikolai in Bad Bertrich und andere Anlaufstellen wie das Wirtshaus der „Suff Anne“ in Straelen stellten wichtige Bindeglieder im Netzwerk der Räuber dar. Kommunikationswege wurden teilweise über geheime Briefe und Codes aufrechterhalten, die eine koordinierte Planung von Raubzügen ermöglichten.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen erschwerten die Situation für die Betroffenen erheblich. Die Todesstrafe für Mord und Straßenraub führte zu öffentlichen Hinrichtungen, die von der Bevölkerung als Spektakel wahrgenommen wurden. Diese Aspekte der damaligen Rechtsprechung, für die Geständnisse unerlässlich waren, trugen zur allgemeinen Unsicherheit bei.
Die Familie und das soziale Umfeld der Räuber spielten eine erhebliche Rolle bei der Ermöglichung ihrer Taten. Oft stammten die Mitglieder der Banden aus den unteren Schichten der Gesellschaft und wurden in der Aufbruchstimmung und den gesellschaftlichen Umwälzungen der Zeit gefördert. Im Vergleich zur Effektivität der staatlichen Verbrechensbekämpfung im 19. Jahrhundert war die Situation im 18. Jahrhundert geprägt von Ineffizienz und Unschärfe in der Strafverfolgung.
Diese Einblicke in die komplexe Geschichte der Räuberbanden in OWL zeigen, wie eng gesellschaftliche Herausforderungen mit der Kriminalität der damaligen Zeit verwoben waren. Eine weitere spannende Perspektive auf das Thema bietet das Buch „Gesellschaft und Kriminalität. Räuberbanden im 18. und frühen 19. Jahrhundert“, von Katrin Lange, das tiefere Einblicke in die Wechselwirkungen zwischen Armut und Kriminalität gewährt.
Die Auseinandersetzung mit diesen historischen Verbrechen im Podcast „OstwestFälle“ bietet nicht nur unterhaltsame, sondern auch lehrreiche Einblicke in eine dunkle Zeit der Region und zeigt auf, wie wichtig es ist, diese Kapitel der Geschichte zu verstehen, um die gesellschaftlichen Umstände der Gegenwart besser einordnen zu können.
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