Ein türkisches Gericht hat entschieden, dass der Istanbuler Bürgermeister Ekrem İmamoğlu in Untersuchungshaft muss. İmamoğlu, der als Hauptkonkurrent von Präsident Recep Tayyip Erdoğan gilt, wurde am Mittwoch inhaftiert und am selben Tag von der CHP, seiner Partei, als Präsidentschaftskandidat nominiert. Diese zeitliche Nähe wirft Fragen auf und wird als politisch motiviert angesehen. Tagesschau berichtet, dass etwa 1,6 Millionen der 1,7 Millionen CHP-Mitglieder für ihn votierten.
İmamoğlu ist nicht der einzige, der von dieser Welle der Repression betroffen ist. Auch die Bürgermeister der Istanbuler Gemeinden Beylikdüzü und Şişli wurden abgesetzt. İmamoğlu wird unter anderem Korruption und Terrorverdacht beschuldigt, was er vehement bestreitet. Es wird angenommen, dass die Festnahme darauf abzielt, seine Präsidentschaftskandidatur zu verhindern. Seine gegnerischen Politiker werfen der Regierung vor, einen politischen Rivalen auszuschalten.
Proteste und internationale Reaktionen
Die Reaktion auf İmamoğlus Verhaftung verlief in der Türkei explosiv. Trotz eines Demonstrationsverbots brachen landesweit Proteste aus, wobei Berichte auf bis zu 300.000 Teilnehmer in Istanbul hindeuten. Auch im Ausland gab es Solidaritätsbekundungen: In Deutschland protestierten etwa 1.500 bis 2.000 Menschen in Köln sowie circa 1.300 in Berlin. In Duisburg richtete die CHP-Jugendorganisation ein improvisiertes Wahllokal ein, wo mehr als 2.000 Menschen ihre Unterstützung zeigten, obwohl offiziell nur CHP-Mitglieder in der Türkei wählen dürfen.
Die türkische Polizei ging gegen die Demonstranten mit Gewalt vor und nahm 323 Personen in Gewahrsam. Einsatzkräfte setzten Pfefferspray, Tränengas und Wasserwerfer ein, um die Demonstrationen zu dispersieren. Die taz hat berichtet, dass die gegenwärtige Situation in der Türkei von einer erhöhten repressiven Haltung geprägt ist, welche nicht nur İmamoğlu, sondern viele Oppositionsmitglieder betrifft.
Politischer Kontext und Vorwürfe
İmamoğlu steht nun im Zentrum zahlreicher Korruptionsverfahren, in die auch 106 weitere Personen verwickelt sind, darunter seine Berater. Diese Vorwürfe beziehen sich auf Korruptionsermittlungen, die eng mit einer Kooperation zwischen der CHP und der prokurdischen Dem-Partei verbunden sind. Der CHP-Vorsitzende Özür Özel bezeichnete die Festnahme als einen „zivilen Putsch“ gegen die Opposition. Auch die Vorwürfe gegen İmamoğlu, er habe Mitglieder der Wahlkommission beleidigt, heizen die Debatte an. Zusätzliche Informationen von der taz verdeutlichen, dass die Repression in der Türkei stetig zunimmt und auch andere prominente Personen betroffen sind, darunter Künstler und Gewerkschafter, die bereits in den vergangenen Jahren für ihre politischen Aktivitäten verfolgt wurden.
İmamoğlu bezeichnete die aktuellen Vorwürfe als „unvorstellbare Beschuldigungen und Verleumdungen“ und sieht seine Inhaftierung als Teil eines größeren, repressiven Plans zur Einschränkung der Opposition in der Türkei. Die nächsten regulären Präsidentschaftswahlen sind für 2028 angesetzt, doch viele fragen sich, wie sich die politische Landschaft bis dahin verändern wird.