Am 30. Januar 2025 führt Jürgen Michel, ein erfahrener Streetworker beim Verein Schachtel e.V. in Koblenz, eine wichtige Mission durch. Mit seinem Kältebus, der obdachlosen Menschen zur Seite steht, ist er an einem verregneten Montagabend unterwegs. Der Bus bietet nicht nur warmes Essen, Kaffee und Wasser, sondern auch Schlafsäcke für die Bedürftigen. Michel hat ein offenes Ohr für die Geschichten der Menschen, die er trifft, und konzentriert sich darauf, jene aufzusuchen, die in dunklen Ecken und Unterführungen leben.
In Koblenz schätzt Michel die Zahl der Obdachlosen auf rund 500, wobei das Verhältnis von Männern zu Frauen etwa 3:1 beträgt. Besonders herausfordernd ist die Situation für Frauen, die oft versuchen, nicht aufzufallen und besonders gefährdet sind. An diesem Abend trifft er auf Sonja, die unter einem Wellblechdach lebt. Ihr Lager hat sie in einem Wohngebiet eingerichtet. Michel spricht mit ihr über ihr Leben, und Sonja erklärt, wie wichtig die Hilfe des Vereins für sie ist. Für sie ist das warme Essen nicht nur eine Nahrungsquelle, sondern ein Stückchen Sicherheit in ihrem unsicheren Alltag.
Die Herausforderungen auf der Straße
Michel, der seit 1999 als Streetworker tätig ist und zusätzlich als Vermessungstechniker arbeitet, sieht sich konstant mit den Herausforderungen konfrontiert, die Kälte und psychische Erkrankungen mit sich bringen. Diese Probleme sind nicht nur für die obdachlosen Menschen selbst belastend, sondern auch für die Sozialarbeiter, die oft nicht wissen, wie sie helfen können. Er erinnert sich an einen Obdachlosen, der kurz vor Silvester verstorben ist, was ihn emotional stark betroffen hat.
Der Kältebus fährt regelmäßig, und Michel berichtet von Gerald, einem 53-jährigen Mann, der während der Corona-Pandemie seine Wohnung verloren hat. Gerald hegt die Hoffnung, wieder in das Berufsleben einsteigen und ein normales Leben führen zu können. Viele Obdachlose, so Michel, wünschen sich nichts sehnlicher, als eine Wohnung und Arbeit zu haben, um wieder ein eigenständiges Leben führen zu können.
Hilfsangebote und Prävention
Die Gesundheitsrisiken für obdachlose Menschen steigen im Winter erheblich. Unterkühlung und Erfrierungen sind ernsthafte Bedrohungen, die durch mangelnde Unterkunft und kalte Nächte noch verstärkt werden. Atemwegserkrankungen nehmen in dieser Zeit ebenfalls zu. Die Qualität der Notunterkünfte ist oft ungenügend und führt dazu, dass viele obdachlose Menschen draußen schlafen, was sie weiteren Gefahren wie Gewalt und Diebstahl aussetzt. Daher ist eine angemessene Versorgungsstruktur und Prävention von Obdachlosigkeit dringend erforderlich.
Um die Situation nachhaltig zu verbessern, sind neben dem Angebot von warmen Mahlzeiten auch der Zugang zu medizinischen Dienstleistungen und psychosoziale Unterstützung entscheidend. Kooperationen zwischen verschiedenen Organisationen stärken die Effizienz der Hilfe und schaffen ein Netzwerk, das obdachlose Menschen besser erreicht.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Herausforderungen im Umgang mit Obdachlosigkeit, insbesondere in der kalten Jahreszeit, immense Aufmerksamkeit und Engagement erfordern. Nicht nur von den Sozialarbeitern und Hilfsorganisationen, sondern auch von der Gesellschaft insgesamt.