Eine aktuelle Befragung des Instituts Arbeit und Qualifikation im Auftrag der Bertelsmann Stiftung zeigt, dass die Aufteilung von Haus- und Sorgearbeit zwischen Männern und Frauen in Deutschland unausgewogen ist. Laut der Umfrage, die 1.620 Personen im Alter von 18 bis 65 Jahren umfasst, überschätzen Männer ihren eigenen Beitrag bei der Haus- und Sorgearbeit. Frauen hingegen sind im Durchschnitt unzufriedener mit dieser Verteilung. Die Zufriedenheit liegt bei Männern bei 7,7 Punkten, während Frauen nur 6,8 Punkte erreichen. Diese Tendenz zeigt, dass die Zufriedenheit mit der Aufteilung in den letzten Jahren entweder stagnierte oder gar abnahm, was auf ein dringendes gesellschaftliches Problem hinweist.
Die Umfrage bringt auch erhellende Statistiken hervor: Während 68 % der Männer annehmen, dass beide Partner gleichberechtigt für den Haushalt zuständig sind, stimmen dieser Aussage lediglich 44 % der Frauen zu. Zudem gaben 22 % der Männer an, dass die Hauptverantwortung für den Haushalt bei der Partnerin liegt, während dies 54 % der Frauen so empfinden. In der Kinderbetreuung investieren Väter im Schnitt 17,5 Stunden pro Woche – ein erheblicher Unterschied zu den 27,5 Stunden, die Frauen aufwenden. Dieses Ungleichgewicht trägt dazu bei, dass die Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt erschwert wird.
Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Im Kontext der Erwerbstätigkeit zeigen die Daten des Jahres 2023, dass es in Deutschland 7,2 Millionen Mütter und 6,2 Millionen Väter im erwerbsfähigen Alter mit mindestens einem Kind unter 15 Jahren im Haushalt gibt. Von diesen waren 68 % der Mütter und erstaunliche 92 % der Väter erwerbstätig, was ein Bild von einer aktiven Vätergeneration zeigt. Allerdings variiert die Erwerbstätigenquote der Mütter signifikant, abhängig vom Alter der Kinder. Bei Kindern unter 3 Jahren liegt die Quote bei 40 %, während sie bei Kindern im Alter von 10 bis 14 Jahren auf 84 % ansteigt.
Ein starkes Ungleichgewicht zeigt sich weiterhin in den Beschäftigungsmodellen: 69 % der Väter in gemischtgeschlechtlichen Partnerschaften arbeiten in Vollzeit, während 70 % der erwerbstätigen Mütter in Teilzeit tätig sind. Diese Unterschiede sind nicht nur eine Frage der persönlichen Wahl, sondern spiegeln auch traditionelle Geschlechterrollen wider, die in der Gesellschaft verankert sind. Studien belegen, dass diese traditionellen Rollen das Einkommen, die Rentenansprüche und das Angebot an Fachkräften nachhaltig beeinflussen und die Gleichstellung der Geschlechter im Berufsleben behindern.
Folgen für die Gesellschaft
Die ungleiche Verteilung der Haus- und Sorgearbeit hat weitreichende Folgen für die Karrierechancen von Müttern. Historische Analysen, wie Arlie Hochschilds Buch „The Second Shift“, machen deutlich, dass trotz des Anstiegs der Erwerbstätigkeit von Frauen, der Großteil der Haus- und Sorgearbeit weiterhin von Müttern übernommen wird. Diese Umstände führen zu geringeren Einkommens- und Aufstiegschancen für Mütter im Vergleich zu Vätern und kinderlosen Frauen. Die Lohneinbußen durch Mutterschaft können bis zu 16 % pro Kind betragen und wirken sich auch unmittelbar auf die Altersvorsorge aus, da Frauen, laut letzten Erhebungen, 2014 im Durchschnitt 40 % weniger Rente erhalten als Männer.
Um dieser ungerechten Verteilung entgegenzuwirken, fordern Fachleute eine stärkere Einbindung von Männern in flexible Arbeitszeitmodelle und die Schaffung entsprechender Angebote durch die Unternehmen. Politische Maßnahmen, wie die Einführung eines Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab dem zweiten Lebensjahr und die Förderung partnerschaftlicher Teilzeitmodelle, sollen helfen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern.
Zusammenfassend wird deutlich, dass die Herausforderungen in der Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht nur individuelle Probleme sind, sondern gesamtgesellschaftliche Fragestellungen berühren. Die Gleichstellung der Geschlechter in Haus- und Sorgearbeit bleibt ein zentrales Thema, das sowohl im privaten als auch im beruflichen Umfeld Beachtung finden muss.
Weitere Informationen zu den aktuellen Entwicklungen in diesem Bereich finden Sie unter Radio Euskirchen, bpb und bpb (APuZ).