Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) und die Stadt Gelsenkirchen haben heute ein gemeinsames Nachwuchsprogramm zur Stärkung der hausärztlichen Versorgung ins Leben gerufen, das unter dem Namen „Praxis? Durchstarten!“ firmiert. Ziel dieses Programms ist es, jungen Medizinerinnen und Medizinern die Möglichkeit zu bieten, ohne wirtschaftliche Risiken in den Alltag eines Hausarztes einzutauchen. In Gelsenkirchen ist der Anteil an über 70-jährigen Ärztinnen und Ärzten bereits der höchste unter den kreisfreien Städten in Westfalen-Lippe, was den Handlungsbedarf zusätzlich unterstreicht. Klaus Rembrink, Leiter der KV-Bezirksstelle Gelsenkirchen, hebt die dringende Notwendigkeit hervor, qualifizierten Nachwuchs zu gewinnen, um die medizinische Primärversorgung langfristig sicherzustellen.
Im Rahmen des Programms werden Ärztinnen und Ärzte mit einer abgeschlossenen Facharztqualifikation eingeladen, sich zu bewerben. Die Teilnehmer haben die Möglichkeit, über einen Zeitraum von sechs Monaten praktische Erfahrungen in einer ausgewählten Mentorenpraxis zu sammeln. Neben den praktischen Erfahrungen steht auch die Vernetzung mit anderen Teilnehmern im Vordergrund. Nach erfolgreichem Abschluss erhalten die Nachwuchsmediziner die Option, langfristig einen Versorgungsauftrag im Stadtgebiet Gelsenkirchen zu übernehmen.
Förderung und Unterstützung für angehende Hausärzte
Ein entscheidender Aspekt des Programms ist die finanzielle Unterstützung für die Hausärzte, die die Nachwuchsmediziner einstellen. Diese erhalten eine monatliche Förderung von 7.000 Euro, die sich die Stadt Gelsenkirchen und die KVWL teilen. Ferner wird ein kostenloses Seminarangebot bereitgestellt, um die Teilnehmer optimal auf den Praxisalltag und mögliche Praxisübernahmen vorzubereiten. Die Maßnahme fokussiert sich auf Quartiere wie Altstadt, Neustadt, Bulmke-Hüllen und Ückendorf, wo der Altersdurchschnitt der Hausärzte besonders hoch ist.
Andrea Henze, Stadträtin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz, hebt die Bedeutung dieses Programms für den Generationenwechsel in der hausärztlichen Versorgung hervor. Über die bereits gestartete Bewerbungsphase können interessierte Nachwuchskräfte und Mentorenpraxen sich auf der Website der KVWL informieren und bewerben.
Herausforderungen der hausärztlichen Versorgung in Deutschland
Die Notwendigkeit solcher Programme wird durch die jüngsten Prognosen zur hausärztlichen Versorgung in Deutschland untermauert. Laut einer Studie der Robert Bosch Stiftung wird bis zum Jahr 2035 rund 11.000 Hausarztstellen unbesetzt bleiben. Besonders betroffen werden vor allem ländliche Regionen und einige städtische Gebiete in Bundesländern wie Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Baden-Württemberg sein. Hier droht in vielen Landkreis die hausärztliche Unterversorgung, da bis 2035 fast 30.000 Hausärzte altersbedingt aus dem Beruf ausscheiden.
Die Studie zeigt auch, dass junge Ärzte oftmals nicht bereit sind, die freiwerdenden Stellen zu besetzen, da viele von ihnen Angestelltenverhältnisse und Teilzeitmodelle bevorzugen. Diese Entwicklung führt zu einem signifikanten Rückgang der Hausärzte und trägt zur Erhöhung der ohnehin schon bestehenden Engpässe in der medizinischen Versorgung bei. Es ist daher von großer Bedeutung, dass durch Programme wie „Praxis? Durchstarten!“ Anreize geschaffen werden, um den Rückgang der Hausärzte zu stoppen und die Attraktivität der Niederlassung in Hausarztpraxen zu fördern.