Die Theaterakademie Köln wird am 31. Januar 2025 die Premiere ihrer Abschlussproduktion „Am höchsten Punkt“ im Orangerie Theater feiern. Dieses Stück basiert auf der Steglitzer Schülertragödie von 1927, einem tragischen Vorfall, der die Gesellschaft zu jener Zeit erschütterte. Die Handlung dreht sich um einen Mord- und Selbstmordpakt zwischen den jungen Männern Paul Krantz und Günther Scheller, bei dem vier Menschen sterben sollten. Die Inszenierung thematisiert komplexe menschliche Emotionen wie Begehren und Eifersucht sowie die Eskalation von Konflikten auf einer Party. Zuschauer sollten jedoch auf mögliche Trigger wie Suizid, Mord, sexuelle Übergriffigkeit und Homophobie vorbereitet sein.
Im Rahmen des Stücks äußern sich der Regisseur Marcus Krone und die Schauspielerin Kristina Geßner über die Bedeutung der Thematik für die heutige Jugend. Krone hebt hervor, dass Neugierde und Spiellust im Ensemble essenziell sind, während Geßner ihre breit gefächerte berufliche Perspektive in der Schauspielerei und als Sprecherin betont. Die Herausforderungen für die Absolvent:innen der Theaterakademie Köln sind angesichts der Kulturkürzungen nicht zu unterschätzen. Krone spricht auch über seine persönlichen Hürden nach der Ausbildung, insbesondere das Vorsprechen. Die wichtigen Werte aus der Ausbildung umfassen unter anderem den Kontakt zu anderen, Loslassen und Selbstvertrauen. Die Aufführungen sind für den 31. Januar sowie die Tage 1., 6., und 7. Februar jeweils um 20 Uhr und am 2. und 8. Februar um 18 Uhr angesetzt.
Der historische Kontext der Steglitzer Schülertragödie
Die Steglitzer Schülertragödie ereignete sich am 28. Juni 1927 in Steglitz, Berlin, als ein Selbstmordpakt unter Alkoholeinfluss im Sommerhaus in Mahlow Ergebnisse katastrophaler Tragweite produzierte. Paul Krantz, 18 Jahre alt, und Günther Scheller, 19 Jahre alt, waren an diesem tragischen Vorfall beteiligt, ebenso wie Hans Stephan, 18, und Hildegard Scheller, 16. Günther Scheller erschoss Hans Stephan und beging anschließend Selbstmord, während Paul Krantz, dessen Planung zur Tötung scheiterte, sich später wegen Mordes verantworten musste. Der Prozess, der am 9. Februar 1928 begann, erregte öffentlich großes Interesse und erforderte die Abriegelung des Sitzungssaals. Der Verteidiger von Krantz, Erich Frey, führte eine Reihe von Zeugen an, darunter prominente Persönlichkeiten wie den Polizeivizepräsidenten Bernhard Weiß und den Sexualwissenschaftler Magnus Hirschfeld.
Das Urteil vom 20. Februar 1928 verurteilte Krantz wegen unerlaubten Waffenbesitzes zu drei Wochen Haft, während die Mordanklage zu einem Freispruch führte. Der Fall löste eine breit gefächerte Debatte über den angeblichen sittlichen Verfall der Jugend in der Weimarer Republik aus. Über Hilde Scheller wurden provisorische Fürsorgemaßnahmen durch das Jugendamt in Betracht gezogen. Zudem führte die Veröffentlichung der Broschüre „Hilde Schellers Rechtfertigung“ ohne Genehmigung der Familie zu rechtlichen Schritten. Das Bezirksjugendamt Tempelhof unterstützte Krantz bei seiner seelischen Genesung und seinem Schulbesuch. 1931 veröffentlichte er den Roman „Die Mietskaserne“ unter dem Pseudonym Ernst Erich Noth, der später erneut aufgelegt und zeitweise als „undeutsch“ verboten wurde. Der Vorfall fand zudem Eingang in die Literatur und Filmographie, unter anderem in Clara Viebigs Roman „Insel der Hoffnung“ und dem Roman „Der Selbstmörder-Klub“, der dreimal verfilmt wurde.