Die Herausforderungen für den Einzelhandel in Innenstädten sind aktuell dramatischer denn je. Am 17. Januar 2025 stellt die Industrie- und Handelskammer Mittlerer Niederrhein in einer umfassenden Initiative neue Konzepte für die Innenstadt vor. Die Kampagne „Heimat shoppen“, die seit 2014 besteht, hat sich mittlerweile auf die Unterstützung von 47 IHKs in Deutschland gestützt, um frische Impulse für diese Entwicklung zu schaffen. Im letzten Jahr fanden zahlreiche Veranstaltungen in Nordrhein-Westfalen statt, darunter Workshops und Foren, die nun in einer 24-seitigen Broschüre mit dem Titel „Impulse für die StadtAgenda von morgen“ zusammengefasst wurden. Diese Dokumentation wurde kürzlich in Mönchengladbach präsentiert, wobei die NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur die Bemühungen lobte und die Wichtigkeit einer soliden Strategie für den Einzelhandel betonte.
Der Einzelhandel im Bezirk erzielt jährlich bemerkenswerte 8,6 Milliarden Euro Umsatz und beschäftigt etwa 40.000 Menschen. Dennoch sieht sich der stationäre Einzelhandel zunehmendem Druck ausgesetzt. Ein zentrales Problem ist das veränderte Konsumverhalten, das sich vor allem durch den Online-Handel manifestiert. Dieser hat mittlerweile einen Anteil von etwa 35 Prozent am Bekleidungsmarkt erreicht, was die Notwendigkeit einer verstärkten Integration von Online- und Offline-Strategien unterstreicht. Einkäufer wünschen sich eine lebendige Innenstadt, die auch außerhalb der regulären Öffnungszeiten aktiv ist.
Impulse für Zukunftsstrategien
Ein 16-köpfiger Beirat hat Handlungsempfehlungen erarbeitet, die sowohl die Landespolitik als auch die Städte und innere Wirtschaft ansprechen. Dazu gehört das Bewusstsein für die Situation zu schärfen, Kapazitäten zu bündeln und effektiver zusammenzuarbeiten. Die Empfehlungen sehen vor, die innere Wirtschaft auf die Bedürfnisse der Menschen auszurichten, Lagen attraktiv zu gestalten und aktuelle Trends zu nutzen. In der Broschüre werden auch zwei innovative Modelle vorgestellt: „Kaufhaus Nett“ — ein Konzept mit zentraler Geschäftsführung, das strategisch verteilte Abteilungen in der Innenstadt beinhaltet, sowie „stadtkontor.NRW“, das die Innenstadt als Begegnungs- und Erlebnisraum neu definieren soll.
Der Wandel des Einzelhandels
Die derzeitige Geschäftslage im Einzelhandel wird durch diverses äußere und innere Einflüsse kompliziert. Insbesondere das bevorstehende Schließen von 47 Filialen von Galeria Karstadt Kaufhof im Juni 2023 und die weiteren Schließungen im Januar 2024 haben das Bild des innerstädtischen Handels verändert. Die Corona-Pandemie hat die bereits schwierige Situation weiter verschärft. Immer mehr Menschen unter 30 Jahren schätzen die Innenstadt nicht mehr als Einkaufsort; der Anteil fiel von 75% im Jahr 2015 auf nur noch 40% im Jahr 2021.
Zusätzlich hat der „Donut-Effekt“ zur Verschiebung des Konsums in Vororte und Wohngebiete geführt. Die Mietpreise für Einzelhandelsimmobilien in erstklassigen Lagen sind gesunken, was die Attraktivität der Innenstädte weiter gemindert hat. Die Inflationsbedingte Verbraucherrückhaltung, verstärkt durch den Russland-Ukraine-Konflikt, trägt zusätzlich zu den Schwierigkeiten des stationären Handels bei. Trotz dieser Veränderungen bleibt den Verbrauchern die Funktion des „Shoppings“ in der Innenstadt wichtig, jedoch wünschen sie sich eine erhöhte Aufenthaltsqualität mit mehr Möglichkeiten zum Verweilen, mehr Grünflächen und weniger Autoverkehr.
Die Notwendigkeit für eine neue Ausrichtung des innerstädtischen Einzelhandels ist klar. Eine zukunftsorientierte Abwechslung zwischen Wohnen, Arbeiten, Gastronomie und Freizeit wird als Schlüssel angesehen, um die Attraktivität der Innenstädte zu sichern. Der Einzelhandel in Deutschland sieht seinen Handlungsspielraum daher zunehmend in der analysierten Integration traditioneller Modelle mit neuen urbanen Ansätzen.