Das Dorf Reine, das sich an der Grenze zwischen Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen erstreckt, ist kein gewöhnlicher Ort. Mit etwa 100 Einwohnern und einer bizarren Teilung weist Reine viele Unterscheidungsmerkmale auf, die es zu einem der ungewöhnlichsten Dörfer Deutschlands machen. Es hat zwei Postleitzahlen, zwei Stromnetze und erfreut sich sogar zweier Bürgermeister. Diese Besonderheiten sind Resultate der geographischen Lage, wobei die westliche Hälfte zur lippischen Gemeinde Extertal (NRW) gehört, während die östliche Hälfte dem Flecken Aerzen in Niedersachsen angehört. Anmerkenswert ist, dass das Dorf offiziell gleich zweimal existiert.
In Reine sind die Unterschiede deutlich spürbar. Die Abfallentsorgung erfolgt an unterschiedlichen Tagen, abhängig von der jeweiligen Seite der Grenze. Zudem bleibt der Busverkehr außen vor; die Busse kehren an der Grenze um und fahren das Dorf nicht an. Auch die Straßenverhältnisse können innerhalb des Dorfes variieren, was die Einheimischen stets vor neue Herausforderungen stellt. Der Friedhof des Dorfes befindet sich auf der NRW-Seite, unabhängig von der Herkunft der Bewohner, was ein weiteres Beispiel für die skurrilen Gegebenheiten darstellt.
Gesetzliche Feiertage und kulturelle Eigenheiten
Ein weiteres auffälliges Element der Teilung zeigt sich bei den gesetzlichen Feiertagen. Jene Bürger, die in dem NRW-Bereich leben, haben an Fronleichnam frei, während die Niedersachsen arbeiten müssen. Umgekehrt ist es am Reformationstag: Hier genießen die Niedersachsen einen arbeitsfreien Tag, während die Bewohner von NRW zur Arbeit gehen müssen. Diese Unterschiede sind nicht nur rechtlicher Natur; sie prägen auch das alltägliche Leben in Reine und schaffen ein Gefühl des „Zweifelhaften“, wenn es um die Zugehörigkeit geht.
Die Teilung des Dorfes wird von den Einwohnern sowohl als Herausforderung als auch als besondere Identität wahrgenommen. Viele empfinden es als eine Kuriosität, dass ihr Heimatort gleich zwei verschiedenen Bundesländern angehört und deren Verwaltungsstrukturen nicht harmonisiert sind. Die Komplikationen, die durch diese Teilung entstehen, ziehen ein breites Spektrum an Reaktionen und emotionalen Einstellungen nach sich. In der Region gibt es ähnliche Phänomene, wie im Münsterland, wo das Dorf Suderwick an das holländische Dinxperlo grenzt und somit ebenfalls in einer “grenzüberschreitenden” Situation existiert.
Trotz dieser quirligsten Umstände gibt es bislang keine Einigung zwischen den Bundesländern, um die Situation von Reine zu klären. Beide Bundesländer scheinen an ihrer jeweiligen Kontrolle über den eigenen Teil des Dorfs festzuhalten, was die unkonventionelle Lage weiter verfestigt. Dies wirft Fragen auf über die Zukunft des Dorfes und wie sich die gemeinschaftliche Identität der Bewohner in einem so eingeforderten Verhältnis entwickeln wird. Auch wenn die Teilung Reine zu einer besonders interessanten Anekdote in der deutschen Geographie macht, bleibt sie vor allem eine spannende, wenn auch komplexe, Herausforderung für die dort lebenden Menschen.