Die Sanierung von Wohngebäuden in Deutschland steht im Mittelpunkt der aktuellen Diskussion um nachhaltige Baupraktiken. Laut dem dena-Gebäudereport 2024 sind viele der knapp 20 Millionen Wohngebäude in Deutschland sanierungsbedürftig, da sie vor 1977 errichtet wurden. Alte Gebäude haben in der Regel schlechte Energieeffizienzklassen, was dringend Handlungsbedarf aufzeigt. Insbesondere serielle Sanierungen, die schnelle, energieeffiziente und ressourcenschonende Modernisierungen versprechen, werden als Schlüssel zur Lösung dieses Problems betrachtet. Ein Beispiel hierfür ist ein geplantes Projekt der Renowate in Düsseldorf-Stockum, das die Sanierung von 19 Mehrparteienhäusern aus den 1930er Jahren mit insgesamt 76 Wohneinheiten auf 5.400 m² Wohnfläche umfasst.
Diese Gebäude weisen derzeit Energieeffizienzklassen von F und H auf, und nach der geplanten Sanierung sollen sie auf Energieeffizienzklasse A angehoben werden. Die Planungsphase für das Projekt begann Ende August 2024, während der Baubeginn für das erste Quartal 2025 vorgesehen ist. Renowate kooperiert in diesem Vorhaben mit der Parallelum GmbH, die digitale Vermessungen und 3D-Modelle der Gebäude erstellt. Der Vermessungsprozess selbst wird auf etwa zwei Wochen geschätzt und beinhaltet den Einsatz von Laserscannern und Totalstationen, um eine hohe Genauigkeit sicherzustellen.
Technologische Innovationen in der Sanierung
Parallelum verwendet die gesammelten Daten zur Erstellung von Punktwolken, die dann zur Fertigung von Revit-Modellen genutzt werden. Wöchentlich werden diese 3D-Modelle an Renowate weitergegeben, um die integrale Planung voranzutreiben. Bei seriellen Sanierungen ist eine maximale Abweichung von 10 mm in der Vorfertigung erforderlich, was die Präzision der Arbeiten unterstreicht. Darüber hinaus werden industriell vorgefertigte Fassadenelemente in Bregenz entwickelt.
Der Einsatz des Energiesprong-Prinzips zielt darauf ab, die Bauzeit durch digitale Prozesse und vorgefertigte Bauteile zu verkürzen. Der Erfolg eines vorherigen Projekts in Mönchengladbach mit 48 Wohneinheiten gibt Anlass zur Hoffnung, dass auch die aktuellen Sanierungsbestrebungen gelingen werden.
Die Rolle digitaler Zwillinge
Einer der vielversprechendsten Trends in der Branche sind digitale Gebäudezwillinge, die als digitale Kopien realer Gebäude fungieren. Diese sammeln und analysieren betriebliche Daten in Echtzeit und bieten zahlreiche Vorteile. Wie in einem Artikel auf aee.at erläutert wird, können digitale Zwillinge Kosteneinsparungen durch die Optimierung von Bau- und Betriebsprozessen sowie die Verbesserung der Nachhaltigkeit durch die Analyse der Umweltauswirkungen ermöglichen. Auch die Planung und Durchführung von Wartungsarbeiten wird durch die Technologien gefördert, was zu einer besseren Nutzerzufriedenheit führt.
Das Projekt „buildingtwin.at“ untersucht verschiedene Anwendungsfälle für digitale Zwillinge, darunter die Entwicklung von Plattformen zur Einbindung von Subunternehmern und die Aggregation von IoT-Daten. Die Herausforderungen, die mit dem Betrieb dieser digitalen Zwillinge verbunden sind, umfassen das Finden einer Balance zwischen ökonomischem Mehrwert und Zeitaufwand sowie den Zugang zu teuren BIM-Software-Tools für ausführende Unternehmen.
Sanierungsbedarfe in Österreich
Angesichts der Situation in Deutschland ist auch in Österreich ein erheblicher Sanierungsbedarf festzustellen. In den 60er bis 80er Jahren wurde die Anzahl der Gebäude verdoppelt, und etwa 60 Prozent des vorhandenen Gebäudebestands sind in den kommenden Jahren dringend sanierungsbedürftig. Die EU-Strategie „Renovation Wave“ zielt darauf ab, die Sanierungsrate innerhalb von zehn Jahren zu verdoppeln. Die Umsetzung innovativer Technologien, wie Wärmepumpen oder Photovoltaik, wird als Schlüssel zur nachhaltigen Sanierung angesehen, die bisher vernachlässigten Gebäuden eine neue Lebensqualität bieten kann.
Mit einer Gesamtkosten von ca. 80 Milliarden Euro für die Dekarbonisierung des Gebäudebestands stehen sowohl Deutschland als auch Österreich vor großen Herausforderungen und Chancen. Ein weiteres Vorzeigeprojekt in Österreich ist die Green Energy Lab-Initiative RENVELOPE, die die serielle Sanierung von Ausbildungseinrichtungen und Wohnbau vorantreibt.
Der Niedergang des Neubauens zugunsten der Sanierung ist ein deutliches Zeichen, dass die Branche sich neu orientiert, um den Anforderungen des Klimaschutzes gerecht zu werden und zukunftsorientierte Entwicklungen zu fördern.