Im Rhein-Sieg-Kreis hat ein wegweisendes Projekt das Licht der Welt erblickt: Vor neun Monaten eröffnete die Hebamme Nicole Emma Sassenscheid das erste Geburtshaus in Lohmar, das eine alternative Möglichkeit zur traditionellen Klinikgeburt bietet. In dem neu gestalteten Geburtshaus in Honsbach finden Schwangere eine heimelige Umgebung, die auf die Bedürfnisse werdender Mütter abgestimmt ist.
Das Geburtshaus ist mit einem breiten Bett, gemütlichen Sitzelementen, und einer Badewanne für drei Personen ausgestattet. Ergänzende Hilfsmittel wie Tragetücher, spezielle Hocker und Gymnastikbälle stehen ebenfalls zur Verfügung. Dies ermöglicht den Frauen, in einer familiären Atmosphäre zu gebären, während sie die Freiheit haben, Begleitpersonen ihrer Wahl mitzubringen.
Der Weg zur Geburtshausgründung
Die 42-jährige Sassenscheid, Mutter von vier Kindern, hat eine interessante Reise in die Hebammenkunst hinter sich. Ursprünglich war eine Ausbildung zur Hebamme nicht vorgesehen, da ihre Eltern ein Studium für sie wünschten. Nach einem erfolgreichen Start im Sozialen Dienst und der Tätigkeit in einer Kölner Hebammenpraxis ist sie seit fünf Jahren selbstständig und hat sich auf Hausgeburten spezialisiert.
Das Geburtshaus bietet Schwangeren die Freiheit, bis zur letzten Minute zu entscheiden, ob sie zu Hause, im Geburtshaus oder in einer Klinik gebären möchten. Der nächstgelegene Kreißsaal in Bergisch Gladbach-Bensberg ist lediglich 15 Minuten entfernt. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass die Sicherheit bei außerklinischen Geburten hoch ist, was die Entscheidung für viele Frauen erleichtert.
Ein wachsender Trend zur außerklinischen Geburt
In Deutschland finden nur etwa 2 % aller Geburten nicht in einem Krankenhaus statt. Von diesen sind lediglich 1,3 % geplante Hausgeburten oder Geburten in Geburtshäusern. Angesichts der Rarität von Hebammen in diesem Bereich wird werdenden Müttern geraten, sich frühzeitig über ihre Möglichkeiten zu informieren.
Die Sicherheit außerklinischer Geburten ist umstritten. Kritiker hegen Bedenken bezüglich möglicher Komplikationen, während Befürworter auf die Vorteile wie weniger Interventionen und einen geringeren Verbrauch von Schmerzmitteln hinweisen. Aktuelle Studien zeigen, dass geplante Hausgeburten keine höheren Risiken für Mütter oder Kinder darstellen, was die WHO bestätigt.
Die Zukunft der Geburtshilfe im Rhein-Sieg-Kreis
Das Geburtshaus von Sassenscheid ist nicht die einzige Neuerung in der Region. Zwei weitere Geburtshäuser sind in Planung: eines im ehemaligen St.-Josef-Hospital in Troisdorf, das in diesem Jahr eröffnet werden soll, und ein weiteres in Königswinter, das mit baulichen Herausforderungen konfrontiert ist. Derzeit gibt es neben dem neuen Geburtshaus nur eine Geburtsstation in St. Johannes in Troisdorf-Sieglar, die für die Bewohner der Region häufig die einzige Option darstellt.
Die wachsende Zahl von außerklinischen Geburten reflektiert ein sich veränderndes Bewusstsein der Frauen, die verstärkt auf ihre Kompetenz und die Unterstützung durch Hebammen vertrauen. Laut aktuellen Daten hat sich der Trend hin zu vertrauten, weniger medizinisch dominierten Geburtsumgebungen in den letzten Jahren zunehmend gefestigt.
Die Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe (QUAG) unterstützt diese Entwicklung, indem sie die Qualität aller außerklinischen Geburten in Deutschland seit 1999 dokumentiert. Auch wenn die Diskussion um die Sicherheit weiter anhält, bleibt der Dienst von Hebammen in Geburtshäusern für viele eine geschätzte und vertrauensvolle Option.