Am 7. Februar 2025 hat das Landesamt zur Bekämpfung der Finanzkriminalität (LBF NRW) umfangreiche Durchsuchungsmaßnahmen in Nordrhein-Westfalen eingeleitet. Diese Razzien sind Teil einer drängenden Untersuchung gegen einen mutmaßlichen Ring von Karussellbetrügern, die nach Schätzungen mindestens 6 Millionen Euro an Umsatzsteuer hinterzogen haben. Die Ermittlungen stehen unter dem Codenamen „Dutch Windmill“ und wurden auf Basis von Erkenntnissen der Europäischen Staatsanwaltschaft in Rotterdam initiiert.
Im Zentrum der Ermittlung steht ein Autohändler aus Nordrhein-Westfalen, der Gebrauchtfahrzeuge von inländischen Unternehmen erwarb. Er gab an, Rechnungen mit ausgewiesener Umsatzsteuer erhalten zu haben, die er als Vorsteuer geltend machte und erstattet bekam. Jedoch wurden die Fahrzeuge als Margen-Fahrzeuge an Firmen in den Niederlanden und Slowenien verkauft. In diesem speziellen Margensteuersystem fällt die Mehrwertsteuer auf den vollen Verkaufspreis weg, wenn das Fahrzeug von einer Privatperson verkauft wird.
Die Mechanik des Karussellbetrugs
Der sogenannte Karussellbetrug, auch bekannt als Missing Trader Intra-Community (MTIC) fraud, ist eine verbreitete Form des Steuerbetrugs innerhalb der EU, bei der mehrere Unternehmen in verschiedenen Mitgliedsstaaten involviert sind. Bei diesem Betrug führt ein Händler in der Lieferkette die von Abnehmern gezahlte Umsatzsteuer nicht an das Finanzamt ab. Abnehmer wiederum machen Vorsteuer geltend und erhalten diese von den Finanzbehörden zurück, was zu erheblichen Steuereinnahmeverlusten führt.
- Warenbeschreibung des Karussellgeschäfts:
- Unternehmen S verkauft Waren an Zwischenhändler Z im EU-Ausland ohne Umsatzsteuer.
- Z verkauft die Waren an Unternehmer U und muss die Umsatzsteuer abführen, tut dies jedoch nicht.
- U verkauft die Waren zurück an S und erhält Vorsteuererstattung vom Finanzamt.
Der „missing trader“, der in diesem Fall als Zwischenhändler fungiert, verschwindet vor der Fälligkeit der Umsatzsteuer vom Markt. Die Struktur solcher Karussellgeschäfte macht es schwer, die Betrugspraktiken aufzudecken, da Waren zunehmend über Grenzen hinweg geschoben werden. Häufig sind es hochpreisige, aber physisch kleine Produkte wie Mobiltelefone oder Computerchips, die in diesen Machenschaften Verwendung finden.
Finanzielle Auswirkungen und Bekämpfung
Nach Schätzungen verlieren die EU-Staaten jährlich rund 50 Milliarden Euro durch Karussellbetrug, während Deutschland allein zwischen 5 und 14 Milliarden Euro betroffen ist. Der Gesamtschaden durch organisierten Bandenbetrug innerhalb der Union wird auf bis zu 140 Milliarden Euro jährlich geschätzt. Diese beträchtlichen Summen verdeutlichen die Dimension des Problems.
Um den Betrug zu bekämpfen, haben einige Länder, einschließlich Deutschland, Maßnahmen ergriffen. 2011 wurde das Reverse-Charge-Verfahren für bestimmte Waren eingeführt, während 2013 die Nachweispflicht für steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen etabliert wurde. EU-Kommission und Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici fordern zudem Reformen bei der Mehrwertsteuererhebung, um solchen Betrügereien einen Riegel vorzuschieben.
Gegen den Hauptbeschuldigten der aktuellen Ermittlungen wurde ein Haftbefehl erlassen und es wurden Maßnahmen zur Sicherstellung von Vermögenswerten eingeleitet. Das LBF NRW hat seit dem 1. Januar 2025 die gesamte nordrhein-westfälische Steuerfahndung unter einem Dach gebündelt, was zur engagierten Bekämpfung von Finanzkriminalität beitragen soll. Es ist die erste Landesbehörde dieser Art in der Bundesrepublik Deutschland und unterstreicht den wachsenden Ernst im Umgang mit Steuerbetrug und seinen kriminellen Strukturen.
Die Entwicklungen im Rahmen der Operation „Dutch Windmill“ werden von der Finanzverwaltung in Nordrhein-Westfalen genau beobachtet, während die europäischen Partnerländer ebenfalls auf eine verstärkte Zusammenarbeit drängen, um solche betrügerischen Machenschaften effektiv zu unterbinden.