Die Weinbranche in Europa steht derzeit vor erheblichen Herausforderungen. Inmitten eines dramatischen Rückgangs des Weinverbrauchs und steigender Lagerbestände sehen sich Winzer und Erzeuger in verschiedenen Ländern konfrontiert mit einem Überangebot, das die Marktpreise drückt. Laut einer aktuellen Analyse hat der Weinverbrauch in Europa im laufenden Wirtschaftsjahr drastisch abgenommen. Besonders betroffen sind Deutschland mit einem Rückgang von 22 Prozent und Portugal mit 34 Prozent. Auch Frankreich und Spanien verzeichnen signifikante Einbußen von 15 respektive 10 Prozent. Diese Entwicklungen haben zu einer angespannten Liquiditätssituation in der Branche geführt, die nicht nur Marktteilnehmer in Deutschland, sondern auch in anderen Weinzuverlässigen Ländern wie Italien zusätzlich belasten.
Christine Schneider, Europaabgeordnete aus der Pfalz, kämpft in Brüssel um Unterstützung für die Weinindustrie. Sie fordert die Einführung eines Anbaustopps sowie Maßnahmen, um neue Konsumentschichten zu erreichen und ein Kulturlandschaftsprogramm ins Leben zu rufen. Diese Forderungen sind besonders relevant, da der Weinmarkt nicht nur von der Pandemie, sondern auch von inflationären Entwicklungen und den gestiegenen Preisen für Lebensmittel und Getränke betroffen ist. Um den Herausforderungen zu begegnen, plant die EU-Kommission die Gründung einer High Level Group Wein, die gezielt die Themen Überproduktion und Stilllegung von Weinbergen adressieren soll und für die eine Vielzahl von Vorschlägen erarbeitet werden sollen.
Reaktionen aus der Politik
Besonders Daniela Schmitt, Weinbau- und Wirtschaftsministerin von Rheinland-Pfalz, äußert sich kritisch zu Schneiders Vorschlägen wie zinslosen Darlehen. Schmitt hebt hervor, dass die gegenwärtigen Liquiditätsengpässe nicht das Hauptproblem der Winzer darstellen. Stattdessen steht sie hinter einer erhöhten Unterstützung für Weinwerbung sowohl im Inland als auch international. Die Ministerin hat in diesem Kontext die finanziellen Mittel für Werbemaßnahmen aufgestockt, um die Sichtbarkeit der hiesigen Weine zu verbessern.
Im vergangenen Jahr wurde zudem eine Expertenkommission eingerichtet, die im Oktober 2024 einen Bericht zur Situation der Branche vorlegen soll. Diese Kommission wird Vorschläge erarbeiten, die der deutschen Weinindustrie helfen sollen, um sich im internationalen Markt zu behaupten.
EU-weite Unterstützungsmaßnahmen
Auf EU-Ebene wurden Maßnahmen ergriffen, um die am stärksten betroffenen Weine zu unterstützen. Die Kommission hat die Destillation von Wein freigegeben, insbesondere für jene Erzeuger, die unter starkem Preisdruck leiden. Das Programm ermöglicht es, alkoholische Produkte zu destillieren, deren Verwendung auf andere Zwecke als Lebensmittel beschränkt ist. Dieser Schritt wurde in Anbetracht eines Anstiegs der Lagerbestände und einer gleichzeitigen Abnahme der Marktpreise notwendig, was die Einkommenssituation vieler Winzer enorm beeinträchtigt hat.
Inzwischen bleibt die Weinproduktion in der EU für 2023 im Vergleich zum Vorjahr stabil, und es wird erwartet, dass die Herausforderungen durch Überproduktion in speziellen Regionen fortbestehen werden. Dies betrifft insbesondere Rot- und Roséweine aus teilnehmenden Ländern und wird durch die Erhöhung der Lagerbestände exacerbiert.
Angesichts dieser Entwicklungen ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Branche weiterhin innovativ bleibt, neue Märkte erschließt und sich auf die sich verändernden Konsumgewohnheiten einstellt, insbesondere im Bereich entalkoholisierter Weine und anderer Nischenprodukte. Hierbei könnte weniger bürokratische Kennzeichnung für neue Weinsorten einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil bieten.
Die Nutzer von Wein in Europa sollten bei ihren zukünftigen Kaufentscheidungen auch den Einfluss von Zöllen in den USA in Betracht ziehen, die das Wettbewerbsumfeld zusätzlich beeinflussen könnten. Schneider und ihre Mitstreiter setzen sich dafür ein, dass die EU gemeinsame Strategien entwickelt, um auch diese Herausforderungen abzufedern.