Horst Köhler, der ehemalige Bundespräsident von Deutschland, ist am Wochenende verstorben. Köhler, der von 2004 bis 2010 im Amt war, hat besonders durch seine Ansprachen im Speyerer Kaiserdom bleibende Eindrücke hinterlassen. An seiner letzten Predigt, die am 14. März 2024 im Rahmen der Fastenpredigten-Reihe „Im Puls“ stattfand, nahm er mit einem tiefen Verständnis für europäische Angelegenheiten und globalen Herausforderungen teil. Diese Predigt behandelte die biblische Erzählung vom Turmbau zu Babel und thematisierte die Notwendigkeit von Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Nationen.
Bei der Fastenpredigt, die er hielt, lag ein besonderes Augenmerk auf geopolitischen Spannungen und der Bedeutung der Agenda 2030 für eine nachhaltige Entwicklung. Köhler forderte zudem die Weiterentwicklung zu einer europäischen Verteidigungsunion. Die liturgische Leitung hatte Domdekan Dr. Christoph Kohl inne, und die musikalische Begleitung wurde von Domorganist Markus Eichenlaub übernommen. Die Fastenpredigten im Speyerer Dom blicken auf eine lange Tradition zurück, die bis ins 5. Jahrhundert reicht und darauf abzielt, den Glauben zeitgemäß zu verkündigen.
Fastenpredigten und Köhlers Anliegen
In einem schriftlichen Interview vor seiner letzten Fastenpredigt äußerte Köhler seine Besorgnis über den erstarkenden Rechtspopulismus in Europa, den er als ernsthafte Bedrohung für Freiheit und Demokratie betrachtete. Dieser rechtspopulistische Aufschwung ist kein seltenes Phänomen; die politische Landschaft in Europa hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert. Der Einfluss rechter Parteien, wie die FPÖ in Österreich und die AfD in Deutschland, wächst unaufhörlich und stellt die Grundlagen der demokratischen Bestandssicherheit in Frage.
Köhler selbst war ein leidenschaftlicher Verfechter einer gemeinsamen europäischen Zukunft und stellte sich oft gegen populistische Strömungen. Sein Engagement für eine starke Partnerschaft zwischen Europa und Afrika zeichnete ihn ebenso aus wie sein Einsatz für nachhaltige internationale Politik. In seiner 2012 in Speyer gehaltenen „europäischen Rede“ appellierte er an die Zuhörer, die europäische Einigung zu würdigen.
Das Vermächtnis Köhlers und die Herausforderungen Europas
Die politischen Entwicklungen der letzten Jahre zeigen, wie rechtspopulistische und rechtsextreme Parteien in Europa an Einfluss gewinnen. So könnte der FPÖ-Chef Herbert Kickl ab 2025 als Kanzler in Österreich agieren, während die AfD in Deutschland laut Prognosen für die Bundestagswahl 2025 bei 20% der Stimmen liegen könnte. In Italien zielt Giorgia Meloni auf eine Verfassungsreform ab, während in den Niederlanden Geert Wilders eine Regierung bildet. Diese Entwicklungen mahnen zur Wachsamkeit.
Horst Köhlers plädoyer für die europäische Einigung und sein wachsendes Anliegen hinsichtlich der demokratischen Herausforderungen stehen nun brennend im Fokus. Sein Erbe, das sich durch die zahlreichen Ansprachen und die von ihm geförderten Engagements gestalten lässt, bleibt auch im Lichte der aktuellen politischen Umwälzungen von großer Bedeutung. Das Domkapitel in Speyer kündigte bereits an, dass auch 2025 eine weitere Fastenpredigt-Reihe im Kaiserdom stattfinden wird, um die Ideen und Werte, für die Köhler sich einsetzte, lebendig zu halten.