Am 11. Januar 2025 begann am Landgericht Zweibrücken ein Prozess gegen einen 66-jährigen Mann, der sich gemäß der Anklage als mutmaßliches Mitglied der „Reichsbürger“- und „Selbstverwalter“-Bewegung betätigt hat. Der Prozess, der um drei Stunden verspätet startete, musste von der Polizei einberufen werden, da der Angeklagte sich krankgemeldet hatte, jedoch kein ärztliches Attest vorlegte. Bei seiner Festnahme an der Meldeadresse in Kreimbach-Kaulbach (Rheinland-Pfalz) wurde klar, dass ihm mehrere Vorwürfe bezüglich verfassungsfeindlichen Verhaltens gemacht werden.
Die Hauptvorwürfe gegen den Angeklagten umfassen die Verunglimpfung des Staates und seines Symbols sowie das verfassungsfeindliche Einwirken auf Sicherheitsorgane. Laut den Aussagen im Prozess hat der Angeklagte in 20 Schreiben zwischen 2017 und 2018 das Gedankengut der „Reichsbürgerbewegung“ verbreitet. Diese Gruppe ist bekannt dafür, die Rechtmäßigkeit der Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtssystem abzulehnen, was im Kern eine antisemitische, geschichtsrevisionistische und demokratiefeindliche Ideologie darstellt. Das Bundesinnenministerium schätzt, dass mehrere hundert Mitglieder dieser Bewegung deutschlandweit aktiv sind, was deutlich auf die Ausbreitung solcher extremistischen Ansichten hinweist. [bpb.de] berichtet, dass einige Mitglieder auch eigene Ausweise ausstellen und behaupten, Minister zu sein.
Anklagepunkte und Verteidigungsstrategie
Die versendeten Schreiben des Angeklagten richteten sich an verschiedene Institutionen, darunter das Oberlandesgericht Nürnberg und Polizeidienststellen. In diesen Dokumenten bestritt er die Staatlichkeit der BRD und bezeichnete sie als „völkerrechtswidrig eingesetzten Scheinstaat“. Er fordert die Wiederherstellung des Deutschen Reiches sowie eine „Entnazifizierung“ und äußerte, dass er kein Problem mit dem Grundgesetz habe. Allerdings wurden seine Schriften als ein Ausdruck von Unmut über die Asylpolitik der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel interpretiert.
Bezüglich seiner Motivation meinte der Angeklagte, dass er in seiner Rolle als Angehöriger des „indigenen Volks Germaniten“ handelte und weiterhin Steuern zahlte. Trotz seiner Aussagen wollte der Vorsitzende Richter andeuten, dass er möglicherweise zur Strafbarkeit beiträgt, was auf die ernsthafte Natur der Vorwürfe hinweist. Die Verteidigungsstrategie des Angeklagten scheint darauf ausgerichtet zu sein, sich als friedliche Person zu positionieren, die nicht die „Grundordnung der BRD untergraben“ wollte.
Kontext der Reichsbürgerbewegung
Die „Reichsbürger“-Bewegung entstand in den 1980er-Jahren und hat seit 2010 an Bedeutung gewonnen, wobei viele ihrer Mitglieder antisemitische und geschichtsrevisionistische Theorien propagieren. Diese Bewegung leugnet nicht nur die Demokratie, sondern auch wesentliche historische Ereignisse wie den Holocaust. Solche Ansichten haben in den letzten Jahren zu einer verstärkten Beobachtung durch den Verfassungsschutz geführt, da es immer wieder zu gewalttätigen Vorfällen gekommen ist, darunter auch tödliche Angriffe auf Polizeibeamte. [bpb.de] hebt hervor, dass die Bewegung ein erhebliches Gefährdungspotenzial für die öffentliche Sicherheit darstellt und bereits zu geplanten bewaffneten Angriffen auf verschiedene Gruppen ermittelt wurde.
Die Fortsetzung des Prozesses ist für den 14. Januar um 9 Uhr im Landgericht Zweibrücken angesetzt. Die Beobachtungen rund um den Prozess werfen ein Licht auf die tief verankerten rechtsextremistischen Strömungen innerhalb der Gesellschaft, die durch solche extremistischen Gruppen gefördert werden.