In den letzten Monaten ist die Sensibilität gegenüber rechtsextremistischen Vorfällen an Schulen in Gießen und im Vogelsberg gestiegen. Die Vorfälle umfassen Schmierereien und Aufkleber mit rechtsradikalem Inhalt. Besonders besorgniserregend war der jüngste Vorfall, bei dem die Sporthalle einer Gießener Grundschule mit Nazi-Symbolen sowie dem Schriftzug „Heil Hitler“ verunstaltet wurde. In einem Gymnasium wurden Hakenkreuze, SS-Runen und andere rechtsextremistische Codes in der Herrentoilette gefunden.
Die Zahl solcher Vorfälle an hessischen Schulen hat sich im Jahr 2023 verdreifacht, wie das Kultusministerium berichtete. Das staatliche Schulamt für Gießen und Vogelsbergkreis registrierte etwa zehn Fälle in den letzten Monaten. Es ist jedoch unklar, ob die Delikte im Vergleich zu früheren Jahren zugenommen haben, da die Meldungen variieren. Das Schulamt betont die hohe Sensibilität und die Bedeutung des Themas. Der Stadtschülerrat fordert präventive Maßnahmen und den Austausch über Ideen in Schulen, um dem Problem entgegenzuwirken.
Zunahme rechtsextremistischer Vorfälle in Hessen
Während in Gießen und im Vogelsberg die Vorfälle im Fokus stehen, ist auch die Zahl der rechtsextremistischen Vorfälle an Schulen in ganz Hessen gestiegen. So wurden an der Kopernikusschule in Freigericht Schüler beobachtet, die zu dem Song „L’amour toujours“ rechtsextreme Parolen sangen. Schulleiter Ulrich Mayer berichtete von 20 bis 40 Mitsängern und bezeichnete die Vorfälle als „starken Rückschlag“ für die Schule, die sich für Demokratie und Anti-Mobbing einsetzt. Rund ein Drittel der Schüler hat einen ausländischen Pass oder spricht andere Sprachen.
Insgesamt wurden seit Jahresbeginn bereits 87 rechtsextreme Vorfälle an hessischen Schulen registriert. Die Zahl der gemeldeten Fälle hat sich im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr dreifach erhöht. Häufige Vorfälle umfassen Hakenkreuz-Schmierereien, Hitlergrüße und Nazi-Parolen. Diese extremistischen Vorfälle müssen dem Schulamt gemeldet werden, wobei pädagogische Maßnahmen wie Gespräche, Ausschlüsse von Veranstaltungen oder Schulverweise in Betracht gezogen werden können.
Die Ermittlungen im Fall Freigericht sind derzeit bei der Staatsanwaltschaft anhängig, und der Anstieg rechtsextremer Vorfälle wird seit 2018 beobachtet, auch an Grundschulen. Uwe Petersen, Schulleiter des Wilhelmsgymnasiums Kassel, sieht die Corona-Pandemie als Mitursache für diese Entwicklung. In der Diskussion um Provokation versus rechtsextremes Weltbild bei Jugendlichen betont Torsten Niebling von der Beratungsstelle Rote Linie die Wichtigkeit von ergebnisoffenen Diskussionen. Manuel Glittenberg von DeGeDe empfiehlt, frühzeitig bei Alltagsrassismus einzugreifen. Die Kopernikusschule plant zudem einen Projekttag zu sozialem Lernen am ersten Schultag nach den Ferien.