In einem dramatischen Appell haben die Landräte der fünf nordhessischen Landkreise Kassel, Schwalm-Eder, Waldeck-Frankenberg, Werra-Meißner und Hersfeld-Rotenburg eine finanzielle Notlage ausgerufen. Sie wenden sich in einem gemeinsamen Schreiben an das Land Hessen sowie den Bund, um auf die explodierenden Kosten und die leeren Haushaltskassen aufmerksam zu machen. Diese Situation hat zur Folge, dass die Einnahmen nicht mehr ausreichen, um die Ausgaben zu decken, was in einem derart bitteren Zustand endete, dass die Landräte von einer Pleite sprechen müssen. Sie fordern dringend Unterstützung, da vor der kommenden Bundestagswahl keine der Parteien ein tragfähiges Konzept zur Lösung dieser finanziellen Probleme präsentieren kann.
Ein besonders alarmierendes Beispiel ist der Landkreis Waldeck-Frankenberg, der bis Ende 2024 mit einem Plus von rund 30 Millionen Euro abschloss, nun jedoch vor leeren Kassen steht. Die Landräte bitten explizit um die Erlaubnis zur Verschuldung oder um zusätzliche finanzielle Mittel. Diese Forderungen sind besonders wichtig, da die kommunalen Krankenhäuser hohe Defizite verursachen, die letztlich von den Bürgern vor Ort getragen werden müssen.
Dringende Forderungen an Bund und Land
Die Landräte haben eine Reihe konkreter Forderungen formuliert, darunter die Anpassung der Verteilung von Steuergeldern, wie die Neuaufteilung der Umsatzsteuer, sowie die vollständige Übernahme der Kosten für die Ganztagsbetreuung. Zudem wird gefordert, die Auswirkungen von Gesetzesvorhaben auf die kommunale Ebene stärker zu berücksichtigen und die Wirksamkeit von (Sozial-)Leistungsgesetzen zu überprüfen. Ein weiterer zentraler Punkt ist die Wiederherstellung der kommunalen Selbstverwaltung, die durch verschiedene gesetzgeberische Maßnahmen erheblich eingeschränkt wird. Auch ein Abbau von Bürokratie und die Rückführung von Kompetenzen an die Landkreise stehen auf der Wunschliste.
Die Situation ist jedoch nicht nur in Nordhessen angespannt. Laut hessenschau.de verzeichnen die Kommunen in Hessen 2023 erstmals seit 2015 ein Defizit von 688 Millionen Euro, wobei nur 44,5 Prozent der Kommunen noch mit Überschüssen arbeiten. Stadte wie Frankfurt haben zwar einen Überschuss von 152 Millionen Euro, in Darmstadt und Marburg hingegen zeigen sich alarmierende Defizite von 130 Millionen Euro beziehungsweise 128,4 Millionen Euro. Diese Defizite sind vor allem auf gestiegene Sozialausgaben und Personalkosten zurückzuführen, die sich unter anderem aus einem Tarifabschluss im öffentlichen Dienst ergeben.
Eine besorgniserregende Entwicklung
Die Bilanz des Statistischen Landesamtes zeigt, dass fast die Hälfte des Defizits auf die Landkreise entfällt, die soziale Leistungen erbringen. Im Jahr 2022 hatten die Kommunen noch einen Überschuss von 45,1 Millionen Euro, was nun wie eine ferne Erinnerung erscheint. Auf Bundesebene sieht es nicht besser aus, denn die Prognosen deuten darauf hin, dass das Defizit der Kommunen im laufenden Jahr auf 13,2 Milliarden Euro steigen wird, was eine Verdopplung im Vergleich zum Vorjahr darstellt. Präsidenten der kommunalen Spitzenverbände fordern ein Umsteuern in der öffentlichen Finanzpolitik und einen größeren Anteil an Gemeinschaftssteuern, um diese kritische Lage zu bewältigen.
Die Herausforderungen für die Kommunen nehmen also weiter zu, während neue Investitionen in Schlüsselbereiche wie den Klimaschutz oder die Verkehrswende kaum noch möglich erscheinen. Ein Rückgang der kommunalen Investitionen wird bereits ab 2025 erwartet, die ohnehin angespannte Lage wird dadurch weiter verschärft. Die Kommunen sind strukturell unterfinanziert und sehen sich zunehmend mit Nothaushalten konfrontiert, die zur neuen Realität in Rathäusern und Landratsämtern werden. Der Abbau von Bürokratie und die Sicherstellung einer angemessenen finanziellen Unterstützung durch die Länder und den Bund bleibt unabdingbar, um die Zukunft der kommunalen Selbstverwaltung in Hessen zu sichern.