Eine aktuelle Studie hat einen erschütternden Überblick über sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen innerhalb der Evangelischen Kirche der Pfalz und ihrer Diakonie offenbart. Laut einem Bericht von SWR wurden seit 1947 insgesamt 49 mögliche Fälle dokumentiert. Von diesen Fällen sind bisher 22 klar bestätigt.
Die Betroffenen sind überwiegend Pfarrer, aber auch pädagogische Mitarbeiter, Kirchenmusiker und Ehrenamtliche befinden sich unter den Beschuldigten. Bemerkenswert ist, dass bis zum derzeitigen Zeitpunkt sechs Personen verurteilt wurden. Trotz dieser rechtlichen Schritte bleibt die Situation komplex und bedrückend.
Die Rolle der Unabhängigen Aufarbeitungskommission
Eine „Unabhängige Aufarbeitungskommission im Südwesten“ (URAK) wurde eingerichtet, um die Vorfälle umfassend zu untersuchen und zukünftige Missbrauchsfälle zu verhindern. Diese Kommission, die sieben Mitglieder umfasst, besteht aus Vertretern der Landeskirchen und Diakonien sowie Experten aus den Landesregierungen und zwei Betroffenenvertreterinnen. Helmut Perron, ehemaliger Präsident des Landgerichts Heidelberg und Mitglied der Kommission, hebt hervor, dass es essentiell ist, die Strukturen und Haltungen zu überprüfen, die sexualisierte Gewalt begünstigen oder deren Aufdeckung erschweren.
Die URAK hat nicht nur die Aufgabe, die Anzahl der Fälle sexueller Gewalt in den Institutionen der Pfälzischen Landeskirche zu ermitteln, sondern auch die Umstände zu analysieren, die zu den Missbrauchsfällen führten. Besonders die Pfälzer Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst betont die Notwendigkeit, konkrete Konsequenzen zu ziehen. Sie ist ebenfalls Mitglied der URAK und fordert, dass sexualisierte Gewalt in Kirche und Diakonie umgehend verhindert werden muss.
Die bestätigten und dokumentierten Fälle
Die bisher bestätigten 22 Fälle umfassen eine Vielzahl von Verantwortlichen: 7 Fälle betreffen Pfarrer, 9 Fälle Erzieher*innen oder pädagogisches Personal, 2 Verfahren sind der Kirchenmusik zuzuordnen, und auch 3 Fälle betreffen ehrenamtliche Mitarbeitende. In diesen Dokumentationen, die bis Januar 2025 aktualisiert wurden, sind 19 Fälle als strafrechtlich relevant identifiziert, wobei nicht alle zu Verurteilungen führten. In einigen Fällen verhinderten Tod, Unbekanntheit der Täter oder Verjährung ein Bekenntnis zur Schuld.
Besonders erschreckend ist, dass unter den Pfarrern in 4 Fällen keine Verurteilung stattfand, obwohl diese Taten unter die damalige Rechtslage fielen. Dennoch veranlassten die Vergehen sowohl strafrechtliche als auch disziplinarische Maßnahmen in allen dokumentierten Fällen. Momentan stehen 3 Fälle noch unter Ermittlungen.
Zusätzlich hat die Evangelische Kirche der Pfalz insgesamt 27 Fälle an den ForuM-Forschungsverbund gemeldet. Diese unterschiedlichen Zahlen resultieren aus spezifischen Fallberücksichtigungen innerhalb der ForuM-Studie. Es ist wichtig zu beachten, dass Verdachtsfälle, die nach dem Stichtag der Studie, dem 31. Dezember 2020, aufkamen, nicht in den bisherigen Berechnungen enthalten sind.
Insgesamt verdeutlicht die aktuelle Aufarbeitung der Vorfälle innerhalb der Kirche, wie wichtig es ist, sexualisierter Gewalt in allen Formen entgegenzuwirken und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Die kommenden Jahre, in denen die URAK ihre Untersuchungen durchführen wird, könnten entscheidend sein für die Prävention und das Vertrauen in die Institution Kirche.